Simone Scamander
Worum geht's? Es gab einen Unfall. Einen schrecklichen Unfall, den niemand überlebte - außer Mara. Um nicht ständig mit dem Tod ihrer Freunde konfrontiert zu werden, ist Mara mit ihrer Familie in eine neue Stadt gezogen. Aber was geschah eigentlich in jener schicksalhaften Nacht? Warum konnte ausgerechnet sie überleben? Schreckliche Visionen ihrer toten Freunde und fürchterliche Albträume plagen Mara und treiben sie mehr und mehr in den Wahnsinn. Als sie merkt, dass sie vor ihrem Gewissen und ihren Erinnerungen nicht länger davonlaufen kann, sucht Mara Hilfe - und findet sie ausgerechnet bei ihrem seltsamen Mitschüler Noah, der ein eigenes dunkles Geheimnis hütet. Kaufgrund: "Was geschah mit Mara Dyer?" - Tja, diese Frage stellte ich mir allerdings auch, als ich das Buch zum ersten Mal sah! Meine Meinung: Das Buch beginnt mit einem Brief von Mara - übrigens ist dies bloß ein Pseudonym der Protagonistin, um ihre wahre Identität geheim zu halten - an den Leser. In dem Schreiben warnt Mara vor der Geschichte, der Geschichte einer Mörderin - ihrer Geschichte. Augenblicklich schießen die Erwartungen an den Roman, die Spannung und die eigene Neugier ins Unermessliche. Was steckt wirklich hinter Mara Dyer und den Morden? Gierig nach neuen Informationen, die Licht ins Dunkel bringen, blättert man um und beginnt mit dem ersten Kapitel. Die Geschichte hat einen bereits in ihren Bann gezogen und einen so süchtig gemacht, dass man das Buch nicht mehr beiseite legen will. Michelle Hodkin hält, was sie verspricht, und führt ihre Geschichte um Mara Dyer aufregend fort. Man erfährt zunächst nur sehr bruchstückhaft, wer das Mädchen ist, das als Einzige einen schrecklichen Unfall überlebt, während ihre zwei Freundinnen Rachel und Claire und ihr fester Freund Jude dabei ums Leben kamen. Aber was geschah wirklich in jener schicksalhaften Nacht? Was hat die vier Freunde an den Ort des Unglücks geführt? Und warum kam ausgerechnet Mara so glimpflich davon? Mara hat keinerlei Erinnerungen mehr an den Unfall. Ebenso wie sie steht man als Leser vor einem komplizierten, schier unlösbaren Puzzle, das sich erst im Verlauf der Handlung Stück für Stück zusammensetzt und dabei eine schreckliche Wahrheit entblößt. Maras Geständnis von der ersten Seite verleiht der gesamten Geschichte eine düstere Atmosphäre und macht die Suche nach den Puzzleteilen zu einem spannenden Leseabenteuer, das einem eine Gänsehaut bereitet. Die Autorin schildert die Geschichte aus Maras Sicht und wechselt dabei zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her. Während Maras zurückkehrende Erinnerungen die Geschichte immer wieder eine neue Wendung einschlagen lassen und mehr und mehr Licht ins Dunkel bringen, zeigt die Gegenwart, wie sie mit dem traumatischen Ereignis umgeht, wie sie es belastet und wie sie sich darum bemüht, es zu verarbeiten. Maras Gewissen, ihre gesamte Psyche leidet sehr unter dem Tod ihrer Freunde und dem Unwissen, wie es dazu gekommen sein kann, und spielt ihr so manch einen Streich. Dadurch bleibt der Roman nicht nur von der ersten bis zur letzten Seite spannend und düster, sondern auch gruselig und nervenaufreibend. Mir hat Michelle Hodkins Debüt an vielen Stellen einen Schauer über den Rücken laufen lassen. Besonders am Abend habe ich mich bei einer Lesepause nicht getraut, das Licht auszumachen. "Was geschah mit Mara Dyer" hat mich mit Leib und Seele gepackt, fasziniert, gefesselt, gegruselt - kurzum: Es hat mich begeistert! Es sind allerdings nicht nur die unaufgeklärten Umstände des Unfalls und der psychologische Aspekt der Geschichte, die einen an die Seiten bannen. Michelle Hodkin überrascht immer wieder mit unerwarteten Wendungen und Ereignissen, die für neuen Nervenkitzel sorgen, wenn man den letzten eben erst verkraftet hat. Zum Schluss des ersten Bandes lässt die Autorin dann die größte Bombe platzen und sorgt dafür, dass sich die Geschichte in eine völlig neue Richtung entwickelt, mit der man überhaupt nicht gerechnet hätte. Diese neue Facette und noch viel fiesere Wahrheiten lassen einen nach der letzten Seite schließlich wünschen, man hätte die Fortsetzung bereits parat. "Was geschah mit Mara Dyer" ist aber nicht nur ein Buch zum Gruseln, Bangen und Rätseln. Dank Mara, der super sympathischen Protagonistin, gibt es auch viele Gründe zum Schmunzeln und Grinsen. Obwohl sie nach dem Tod ihrer Freunde mehr als genug durchstehen muss und sie sehr darunter zu leiden hat, hat Mara ihre starke Persönlichkeit nicht verloren. Je besser sie mit den Ereignissen umzugehen lernt, desto deutlicher kommt die kritische Mara an die Oberfläche, die die Welt mit einem Augenzwinkern betrachtet. Sie bringt einen mit ihrer sarkastischen Art immer wieder zum Lächeln und schleicht sich damit sehr schnell in die Herzen ihrer Leser. In ihrer Geschichte durchlebt Mara ein Wechselbad der Gefühle und wankt stets zwischen panischer Angst und erfüllendem Glück - eine seltsame Mischung, die ich jedoch in jeglicher Hinsicht nachvollziehen konnte. Auch Noah, der männliche Protagonist, bringt einen mit seinem ganz speziellen Humor zum Lachen. Er und Mara sind ein tolles Team, das mit seinen Schlagabtäuschen und Neckereien für viele einzigartige Momente sorgt. Die Chemie zwischen den Beiden stimmt - und das spürt man auch auf romantischer Ebene. Zwischen Noah und Mara knistert es so gewaltig, dass man selbst als Außenstehender weiche Knie bekommt. Heiß, heißer, Mara und Noah! Dieses Pärchen hat sich mit seinen emotionalen, romantischen, witzigen, berührenden und hinreißenden Szenen sehr schnell auf einen der vorderen Plätze in meinem persönlichen "Pärchen-Ranking" katapultiert. Dabei ist Noah eigentlich der Charaktertyp, bei dem ich sonst eher zu meckern anfange. Er ist nicht bloß attraktiv, sondern umwerfend und heiß und jedes Mädchen in seiner Umgebung erliegt augenblicklich seinem unglaublichen Charme. Er ist sich seiner Wirkung auf das weibliche Geschlecht auch durchaus bewusst, nutzt es vollkommen aus und bricht ein Herz nach dem anderen, ohne sich groß um Gefühle zu scheren. Auf den ersten Blick ist er der stereotype Aufreißer mit viel zu großem Ego und auf den zweiten Blick muss man sich wohl auch eingestehen: Er ist es auch. Aber Noah passt perfekt in diese Rolle und er hat das gewisse Etwas an sich, was ihn ganz anders wirken lässt als andere Romanfiguren und sogar die Herzen der Leserinnen brechen lässt. Er ist ein selbstbewusster und arroganter Frauenheld, der sich mit Witz, Charme und seiner eigenen speziellen Art sympathisch macht und im Verlauf der Handlung mit Tiefgründigkeit überzeugt. Bloß die Nebencharaktere verpassen Hodkins grandiosem Debüt einen kleinen (wirklich winzigen!) Dämpfer, denn im Gegensatz zu den Protagonisten sind sie genauso stereotyp, wie sie zu Beginn des Romans erscheinen. Die Highschool-Queen, eine unausstehliche Zicke, ihr hinterhältiges Anhängsel, das ohne sie in der Versenkung verschwinden würde und noch so manch andere Figur, die man in fast jedem Jugendbuch findet, hat die Autorin übernommen. Sie erfüllen genau die Rollen, die sie immer erfüllen müssen. Hier hätte Michelle Hodkins gerne etwas mehr Individualität verteilen können. Was nun aber nach einem riesigen Haufen durchschnittlicher Charaktere klingt, ist in Wahrheit nur ein kleiner Kritikpunkt. Cover: Das Cover gefällt mir unheimlich gut. Der Schriftzug ist prägnant und zieht Aufmerksamkeit auf sich, aber das Mädchen im Wasser und die Hände, die sie umschlingen, sind trotzdem gut zu sehen. Und die Farben sind einfach wunderschön! Fazit: "Was geschah mit Mara Dyer" ist ein unglaubliches Debüt, das mich absolut umgehauen hat. Die Geschichte um Mara, die nach einem tragischen Unfall mit dem Tod ihrer Freunde konfrontiert wird und sich zunächst erinnerungslos auf die Suche nach Antworten macht, ist spannend, mitreißend und nervenaufreibend, an einigen Stellen sogar richtig "psycho"! Die großartigen Protagonisten Mara und Noah sorgen mit ihren charmanten Schlagabtäuschen und ihren romantischen Szenen aber auch für dahinschmelzende Herzen und weiche Knie - eine gelungene Abwechslung zum düsteren Teil der Geschichte, die perfekt passt und überhaupt nicht fehl am Platz wirkt! Michelle Hodkin überrascht mit vielen unerwarteten Wendungen und macht ihren Roman dadurch zu einem abwechslungsreichen Pageturner. Her mit der Fortsetzung - und zwar sofort! Für "Was geschah mit Mara Dyer?" gibt es 5 Lurche.