Simone Scamander
Worum geht's? Gemma ist fort. Sie hat sich den Sirenen Penn, Lexi und Thea angeschlossen und ist mit den Strömungen des Meeres verschwunden, um ihre Schwester, ihre große Liebe und ihre Freunde zu schützen. Während sie mit den Veränderungen ihres Körpers - dem Hunger, dem Drang, der Kraft - umzugehen lernt, machen sich Harper, Alex und Daniel auf die Suche nach ihr. Dabei kommen sie dem Geheimnis der Sirenen immer näher... Meine Meinung: "Wiegenlied", der zweite Band der "Watersong"-Tetralogie, schließt nahtlos an seinen Vorgänger an. Durch kleine, aber feine Erinnerungssequenzen der zwei Protagonisten-Schwestern Gemma und Harper findet man auch nach einer längeren Lesepause zwischen den zwei Büchern leicht wieder in die Geschichte hinein. Amanda Hocking behält ihre Erzählstruktur bei und schildert die Geschichte mit einem abwechselnden Fokus auf die beiden Schwestern. Beinahe kapitelweise wechseln sich Gemma und Harper ab. Durch einen außenstehenden Erzähler, der in die Köpfe und Herzen der Mädchen schauen kann, erfährt man als Leser eine Menge von dem, was sich in ihnen abspielt. Während Gemmas Parts für Spannung sorgen, bleibt Harpers Handlungsstrang leider sehr langatmig. Ihre viel zu lange Suche nach Antworten, die man schon längst kennt, verläuft ohne Highlights und steht neben Gemmas Leben als Sirene schlichtweg blass da. Obwohl "Wiegenlied" solide Unterhaltung bietet und für einige nette Lesestunden sorgen kann, liest sich das Buch leider wie ein Lückenfüller der Reihe. Die Handlung hat zwar interessante Szenen vorzuweisen, aber für die gesamte Geschichte scheinen sie kaum eine Bedeutung zu haben. Nach der letzten Seite überkommt einen das Gefühl, mit Gemma und Harper nicht wesentlich vorangekommen zu sein. Besonders aus dem Finale des Bandes hätte Amanda Hocking viel mehr herausholen können. War mir Harper als ältere und vernünftigere Schwester nach dem Serienauftakt noch positiv in Erinnerung geblieben, strapazierte sie nun meine Nerven. Durch ihre übertriebene altruistische Ader, die schon nicht mehr authentisch ist, möchte man Harper am liebsten an den Schultern rütteln. In Sachen Liebe macht sie sich damit Probleme, die sie sich eigentlich sparen könnte und die man nicht nachvollziehen kann. Gemma dagegen kommt in "Wiegenlied" stärker zur Geltung. Ihr Dasein als Sirene steht ihr ausgesprochen gut! Die neuen Umstände zwingen sie zu grundlegenden Veränderungen, die sie zu einem interessanteren und vielschichtigen Charakter machen. Trotzdem hat Amanda Hocking Gemmas volles Potenzial noch nicht ausgeschöpft. In ihr schlummern noch einige vielversprechende Facetten, die nur darauf warten, entdeckt zu werden. Die Nebencharaktere bleiben solide, können weder sonderlich begeistern noch bemerkenswert enttäuschen. Obwohl ihnen nun viel mehr Aufmerksamkeit zuteil wird, spielen sie bloß ihre Rollen in der Geschichte. Dies gelingt ihnen zwar gut und auf amüsante Weise, aber neue Charakterzüge zeigen sie nicht. Besonders von den Sirenen, deren wahre Identität man nun deutlich zu sehen bekommt, hätte ich gerne mehr erfahren. Die einzige, dafür aber mehr als positive Überraschung in "Wiegenlied" ist Thea, die kaum noch wieder zu erkennen ist. Amanda Hocking hat einen angenehmen Schreibstil, der dank seiner Leichtigkeit die Seiten des Romans davonfliegen lässt. "Watersong - Wiegenlied" zieht einen in einen mühelosen Lesefluss, sodass man an einem gemütlichen Lesenachmittag in das Buch abtauchen, sich in die Welt der Sirenen reißen und von den Strömungen der Geschichte davontragen lassen kann. Cover: Ich kann mich an diesem Cover einfach nicht sattsehen. Die Farben, die Verzierungen, die Effekte - das Gesamtergebnis ist perfekt und kann sich wirklich sehen lassen. In "echt" sieht das Cover dank der Highlights sogar noch schöner aus als auf dem Coverbild. Fazit: "Wiegenlied" ist ein solider zweiter Band der "Watersong"- Tetralogie von Amanda Hocking, der durchaus für unterhaltsame Lesestunden sorgen kann, aber insgesamt leider sehr mittelmäßig bleibt. Die Geschichte kann trotz einiger interessanter Kapitel nicht das "Lückenfüller"-Gefühl vertreiben, das sich von der ersten bis zur letzten Seite zieht, und bis auf Gemma können selbst die Charaktere keine großen Entwicklungen vorweisen. Trotzdem ist diese Fortsetzung insgesamt ein amüsantes Lesevergnügen, eine lockere und leichte Kost für Zwischendurch. "Wiegenlied" Für "Watersong - Wiegenlied" vergebe ich 3 Lurche.