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seeker7

Posted on 31.1.2020

Manchmal verlasse ich vertraute Gefilde. Ich bin neugierig, was sich in anderen Bereichen der Bücherwelt abspielt - jenseits von gesellschaftsrelevanten Sachbüchern oder eher "anspruchsvoller" Literatur. Es zieht mich dann am ehesten zu - mehr oder weniger spannungsgeladenen - Zukunftsromanen. Mich fasziniert es dann, was Menschen sich so ausdenken - nicht nur technisch, sondern auch bzgl. der zwischenmenschlichen Seite. Gerne mag ich es auch, wenn bestimmte Trends und Erfindungen sachkundig weiter gesponnen werden und man so eine Idee davon bekommt, wohin das alles führen könnte. Was dann bedeutet, dass man durchaus auch etwas über die Gegenwart lernen kann bzw. Hinweise darauf bekommt, wo man besser gegensteuern sollte. Mit solchen Gedanken und Erwartungen habe ich mich auch an den Daemon herangewagt. Habe festgestellt, dass das Buch eine große Fan-Gemeinde hat. Um es mal vorweg zu sagen: Diese Gruppe wurde durch mich nicht größer! Kurz zum Plot: Ein genialer und super-reicher Entwickler von Online-Games hatte das Bedürfnis, nach seinem Tod der Welt etwas Bleibendes zu hinterlassen; über seine extrem erfolgreichen Spielwelten hinaus. Erfahrungsgemäß gehen Wahnsinn und Genie oft Hand in Hand. Das führte in diesem Fall dazu, dass der Verstorbene nicht weniger als eine elektronisch-basierte Revolution in die Wege leitet: Die Welt in der bekannten Form wird aus den Angeln gehoben und durch die Herrschaft des "Daemons" ersetzt. Der "Thriller" beschreibt in aller Ausführlichkeit die verzweifelten Versuche des bestehenden Systems (das Ganze spielt in den USA), sich der perfekt geplanten und programmierten Umgestaltung entgegenzustellen. Auf beiden Seiten wird dieser Kampf natürlich exemplarisch durch einige Protagonisten vollzogen, so dass Helden und Anti-Helden zur Identifikation oder zum Abgrenzen einladen. Was gibt es zu loben? Das hängt natürlich von den Erwartungen und Maßstäben der Leser ab. Ich beantworte diese Frage mal durch die Beschreibung der Zielgruppe, an die sich dieses Buch - meiner Einschätzung nach - am ehesten richtet (und die es vermutlich auch schätzen wird): Angesprochen sind wohl junge männliche Gamer (so zwischen 16 und 30), die machohafte Action in einer Mischung von virtueller und analoger Realität genießen und es lieben, sich in einer sprachlichen Subkultur zu bewegen, die vor digital-technologischen Insider-Begriffen geradezu überbordet. Darüber hinaus sollte eine gewisse Neigung zu Waffentechnologie, Gewaltdarstellung und Auto-Fetischismus bestehen. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Es ist völlig okay, zu dieser Gruppe zu gehören und so ein Buch zu mögen. Oder es aus anderen Gründen zu lesen. Was ich nur damit sagen will: Andere Leser möchte ich vor diesem Buch eher warnen. Zumindest hätte ich mir eine solche Warnung gewünscht. Das, was an Hinweisen auf Zukunftsrisiken oder an kritischen Blicken auf bereits vorhandene gesellschaftliche Trends angeboten wird, geht - aus meiner Sicht - in dem Wust an Action unter. Was das genial-wahnsinnige Super-Hirn aus welchen Gründen wirklich wollte, ist zumindest mir nicht klar geworden. Meine Schuld - ich habe mich einfach verirrt….

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