zauberberggast
Mit "Tod am Semmering" hat damals alles begonnen: Beate Maly hat mit Ernestine Kirsch und Anton Böck ein hoch sympathisches Ermittlerpaar erschaffen, das seinesgleichen sucht. Ich habe mich einfach Hals über Kopf verliebt in die Figuren und die ganze Buchreihe, die im Wien (und Umgebung) der 1920er Jahre spielt. Maly gelingt es auf ganz besondere Weise, ihre Figuren schriftlich zum Leben zu erwecken. Sie sind einfach lebendig und strahlen eine Authentizität aus, die mir oft fehlt in anderen Büchern. Darüberhinaus hat die Autorin als gebürtige Wienerin eine bestechende Ortskenntnis. Durch gute Recherchearbeit hat sie es geschafft, dass das Wien um 1920 absolut glaubhaft rüberkommt, mit seinen verschiedenen schönen und weniger schönen Gesichtern. Die Kriegsversehrten aus dem 1. Weltkrieg sind ein großes Thema, die Schere zwischen Arm und Reich (Industrielle und Kriegsgewinnler vs. Arbeiterschicht), Luxusdenken vs. Überlebenskampf, Kulturbeflissenheit vs. Armenalltag. Anton als Apotheker und Ernestine als pensionierte Lehrerin gehören eher der Mittelschicht an und bewegen sich u.a. durch Ernestines Zubrot als Nachhilfelehrerin in den unterschiedlichsten sozialen Kreisen. So kommen sie in "Tod in Baden" auch in den Genuss einer Kur im noblen Kurort der Wiener High Society. Auch hier passiert - wie immer wenn die beiden verreisen oder zusammen etwas unternehmen - ein Mord. Und wie immer überredet Ernestine den zurückhaltenden Anton dazu, die "Ermittlungen" aufzunehmen. Diesmal kommt Antons (der wie immer ganz entzückend ist mit seiner Vorliebe für gutes Essen und seine Ruhe) Fußballbegeisterung zum Tragen, denn ein berühmter Spieler von Rapid Wien ist mit auf ihnen auf Kur… Wieder einmal ist das Personalkarussell, das Beate Maly hier versammelt, ganz wunderbar arrangiert. Viele Verdächtige mit unterschiedlichen Motiven und eine fulminante Auflösung direkt am Ende, die auch einer Miss Marple würdig gewesen wäre. Auch skurrile und humorvolle Situationen kommen wie immer nicht zu kurz. Unterstützt wird dies durch die dezente Verwendung des Wiener Dialekts und die liebevolle Dynamik zwischen Anton und Ernestine. Das Cover des Krimis, der im Emons Verlag erschienen ist, wurde wieder einmal wunderbar mit - diesmal in Gold gehaltenen - Jugendstil-Ranken illustriert. Ich kann nur hoffen, das es noch viele Fälle gibt, die Anton und Ernestine bearbeiten werden! Aber ich bin auch ein echter Fan.