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An einen historischen Roman habe ich den Anspruch, dass ich auch einen wahren Kern präsentiert bekomme. In diesem Buch war das schon auf den ersten Seiten deutlich spürbar und damit war der Einstieg in das Buch alles andere als leicht. Besonders am Anfang musste ich volle Konzentration aufbringen, um dem Geschehen und den wahnsinnig vielen Details folgen zu können. Unheimlich viel historisch belegtes Wissen prasselte auf mich ein und ich fühlte mich fast davon erschlagen. Vor allem der rasche Szenenwechsel, der mir ständig neue Personen präsentierte, überforderte mich anfangs leicht. Aber nachdem Henning Isenberg den historischen Rahmen abgesteckt hatte und die Fiktion mehr an Gewicht zugelegt hatte, gelang es mir, in die mittelalterliche Szenerie des dreizehnten Jahrhunderts abzutauchen. Die Szenenbilder, die der Autor mit seinem unheimlich flüssigen und fesselnden Schreibstil erschuf, fühlten sich lebendig und wie ein Fenster in die Vergangenheit an. Fasziniert lernte ich die Welt um Theo kennen, der schon in jungen Jahren Rache schwört. Aber um diese zu bekommen ist es ein weiter, steiniger und sehr leidvoller Weg. Doch es gibt auch einige Lichtblicke, darunter die schöne und kluge Adelheyd. Aber sie steht auf der Seite des Feindes. Wer glaubt, hier eine historische Liebesschnulze zu lesen bekommen, wird bitter enttäuscht werden. Eingebettet in einen ausgiebig recherchierten historischen Kontext erfuhr ich viel über Bündnisse, Intrigen, Ausbildungen und medizinischen Möglichkeiten der damaligen Zeit. Hier war ein Leben nicht viel wert, was auch Theo schmerzvoll lernen musste. Der Autor ließ mich mit Hilfe der Multiperspektive über viele Schultern unterschiedlichster Charaktere gucken. Vom Protagonisten bis zum Antagonisten war alles dabei. Mit der Zeit war die Vielzahl der Personen kein Problem mehr für mich und ich konnte die Geschehnisse auf mich wirken lassen. Auch die Szenenwechsel brachten nun eine intervallartige Spannung mit sich, sodass die Entwicklungen weitestgehend unvorhersehbar und aufregend blieben. Besonders beeindruckend fand ich die Szenenbilder der Schlachten und die Arbeit der Heiler. Mit viel Detailliebe lieferte Henning Isenberg einen umfassenden und sehr sauber recherchierten Blick in die Vergangenheit. Ein kleiner Wermutstropfen war für mich das Fehlen eines Nachwortes. Zwar gibt es ein umfassendes Personenverzeichnis und ein Glossar am Ende, doch das ersetzt meiner Meinung nach nicht das Wort des Autors zum Punkt Fiktion und Wahrheit. Das lese ich nach einem gelungenen historischen Roman unheimlich gern. Fazit: Dieses Buch ist das Fenster zu einer Zeit, als ein Leben nicht viel wert war. In einem eindrucksvollen historischen Rahmen eingebettet, wurde eine sehr intensive und spannende Geschichte erzählt. Ein echter Tipp für Freunde des historischen Romans.