Señor Rolando
So einen Buchpreis gibt’s wohl nicht ganz umsonst. Inhaltlich muss man sich an dieser Stelle darauf einlassen, dass ein noch recht munterer und erfreulich lebendiger Autor seine Autobiographie abliefert. Damit kündigt er aber wohl eher nicht seinen Ruhestand an. Vollkommen transparent berichtet er nämlich unter anderem davon, dass er bei seiner regionalen Eingliederung sich ganz formal dazu verpflichten musste, seiner Autorentätigkeit möglichst lange und ausschweifend nachzukommen. Da er das wohl auch ganz gern macht und sich das Ergebnis sehen bzw. lesen lässt, ist das endlich mal ein Gewinn, zu dem sogar unsere liebe Einwanderungsbürokratie ihren kleinen Beitrag leistet. Wie schön. Andere Teile der Geschichte sind naturgemäß erheblich weniger erfreulich. Da gibt es die Abschiebung seiner Eltern, da gibt es die voranschreitende Altersdemenz seiner Großmutter, da gibt es den Alltag im Einwanderergetto von Heidelberg mit der lokalen Araltankstelle als kulturellem Treffpunkt und da gibt es Geschichten anderer, nicht nur eingewanderter, Menschen, die am Leben, an der Gesellschaft und am Miteinander zu zerbrechen drohen. All das, all diese Dramen, gibt es jedoch verpackt in einer lockeren Art des Erzählens, wie sie nur wenigen unter uns gelingt. Hier wird nicht billig angeprangert, hier wird nicht plumpe Larmoyanz bedient. Hier gibt’s stattdessen einen unterhaltsamen Blick auf’s Geschehen, die Gedanken dazu kann und darf man sich dann gern selbst machen. Und dass der Autor Spaß am Spielen beim Erzählen hat, sieht man spätestens daran, dass das Buch nicht einfach schlicht endet, sondern mehrere mögliche Varianten des Fertiglesens liefert. Je nachdem, wie man sein Lesegerät bedient, steht dadurch mehrmals »Ende« dran, wo nur manchmal auch wirklich schon eines ist. Macht Spaß. Danke dafür. So fängt das Jahr doch schon mal gut an.