drwarthrop
Nach dem Highschool-Abschluss fragt sich fast jeder: was fange ich mit meinem Leben an? So auch der namenlose Protagonist dieser vielseitigen Erzählung, der sich aus Mangel an anderen Ideen bei einer örtlichen Uni einschreibt, diese jedoch nie wirklich ernst nimmt. Das lässt sich zum einen an seiner ständigen Abwesenheit, als auch gut an dem alltäglichen Drogenkonsum festmachen, weshalb er nach nicht einmal zwei Semestern wieder vor dem selben Problem steht. Trotz der dringlichen Bitten seiner großen Liebe Emily schreibt sich Mr. Namenlos beim Militär ein, um für ein Jahr in den Irak zu gehen. Beim Einstellungstests und den folgenden Monaten Grundausbildung ist er, trotz einiger Zweifel an den irrationalen Zuständen der Army recht zuversichtlich und freut sich darauf seinem Land zu dienen. Dort angekommen erblickt er jedoch bittere Realität, die vor allem aus langweiligen Patroullien, noch langweiligereren Hausdurchsuchungen und schnarch öden Gesprächen besteht. Die einzige 'Action' beinhaltet immer den Tod oder die schlimme Verstümmelung eines seiner Kameraden durch tückische Bodenbomben, ohne den Angreifer ausmachen zu können. Durch die ständige Angst und zugleich nihilistische Einstellung stumpft unser Protagonist immer weiter ab, bis ihn nur noch Drogen und Sex von der Sinnhaftigkeit des Lebens überzeugen. Ein namenloser Protagonist, Irak-Krieg und Drogen - was auf den ersten Blick vielleicht billig oder abgedroschen klingt verfeinert durch melodramatische und ungeschönte Eleganz ein abgründiges Traumspiel im Verfall humaner Gelüste. In dreckig reeller Manier leitet der Autor durch den eklatanten Abstieg seines Alter-Egos nach den wirren des Krieges und im Zweitracht der Drogensucht. Verzweifelt vollzieht das Werk, gestützt durch persönliche, rohe Diktion einen bitteren Abriss schwelender Ängste und Traumas moderner Parallelgesellschaften im Hinblick auf fehlende Sozialnetze, sowie dem unerbittlichem Egoismus der diesen vorrottenden Wurzeln entwächst. Ungeschminkt und ehrlich entblößt sich die wahre Natur humaner Einfältigkeit nach dem kleinen Funken 'Guten' in der Welt zu suche, nur um festzustellen einem Traumgebilde nachzulaufen, verdonnert dazu das herzlose Leben eines Plagiats zu führen - ohne Blick für das Schöne im Sein. Einfühlsam vermittelt das Werk die fulminante Tragik im luziden Dickicht überbordender Fehlentscheidungen verloren zu gehen, um getrieben von Selbstzweifeln immer weiter auf den nahstehenden Abgrund zuzulaufen. Die bekannten, autobiografischen Elemente entfalten durch reale Präsenz einen immersiven, lebendigen Charakter, dem ein kritischer Blick durch dauerhafte Verarbeitung wenig anhaben kann, jedoch auch wenig zur Sympathie des Protagonisten beiträgt. Ein starker Fokus auf die Geschehnisse und Auswirkungen lässt die Handlung dramaturgisch wenig kontrastieren, festigt jedoch im Gegenzug eine organische und feinfühlige Charakterentwicklung, die diesem Werk einen einzigartigen Charme verleiht. Im Einklang mit emotionalen Feinheiten entfaltet das Werk ein sinister-pittoreskes Bühnenbild greller Städte, als auch karger Wüstenlandschaften, das immer weiter in den dunklen, nimmersatten Drogenexkursen gänzlich zu verschwinden droht. Eingekapselt zwischen toxischer Beziehung, asozialen Dealern und einem ziellosen Leben erhöht sich der Druck bis zum wortwörtlichen Limit, um dann zwangsläufig überzukochen. Einmalig vermag der Autor die angeborene Irrationalität zu kompostieren und sie im bitteren Sud fehlender Sozialstruktur und ungeheilter Traumatas gären zu lassen. Ein auffallend herbes Werk, das sich nicht davor scheut die ekelerregenden Tiefen menschlicher Verzweiflung zu erforschen, ohne dabei Rücksicht auf eigene Egozentrik oder fehlendes Verständnis zu nehmen. Gerade diese brutale Präsenz vereitelt vereinzelte Sympathiepunkte, birgt jedoch vielfältige Wahrheiten, die sonst im lauten Dickicht alltäglichen Schwachsinns ungehört verhallt wäre. Eine absolute Empfehlung für jeden Freund etwas derberer Natur, als auch für die, die es noch werden wollen.