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drwarthrop

Posted on 30.10.2019

Mary lebt mit ihren drei Schwestern, Eltern, sowie ihrem geliebten Großvater auf einem kleinen Bauernhof. Die Arbeit ist hart, die Tage sind lang - 1830 gab es halt noch viel zu tun. Neben dem beackern der Felder, melken der Kühe, buttern der Butter und Prügel beziehen vom gewalttätigen Vater muss Mary mit den Strapazen eines Hinkebeins leben, was sie jedoch (im Gegensatz zu allem anderen) kaum beeinträchtigt. Ihren weißen Haaren zum Trotz ist Mary die frechste und zugleich jüngste Tochter auf dem Hof, weshalb, als der örtliche Pfarrer vorbeikommt und nach einer Haushaltshilfe für seine schwer kranke Frau bittet die Wahl auch auf sie fällt. Schwer betrübt, aber wenig vermisst macht sich Mary auf in ihr neues Leben, das fortan weniger physische Anstrengung benötigt, jedoch auf psychischer Ebene eine neue Herausforderung darstellt. Denn zwei Dinge weiß Mary trotz ihrer vielen Talente und aufgeweckten Art nicht: wie man die Füße stillhält und wie man Freundlichkeiten nicht als vorgeschobene Gehässigkeit deutet. Frei und ungehemmt erzählt das Werk eine ruhig-samtige Geschichte, die gerade in Einklang vorherrschender Tyrannei und hoffnungslosen Lebensentwürfen den letzten Tropfen Öl menschlicher Würde zu entflammen vermag. Dabei entsteht durch fein gegliederte Diktion, sowie einhergehender visuell-pittoresker Präsenz ein wunderschönes Schauspiel dramaturgischer Finesse. Mit einfühlsamer Charakterzeichnung verleitet das Werk schnell zu Sym- bzw Antipathie, zeichnet dabei ein facettenreiches, organisches Wimmelbild im Dickicht verrottender Moralkonzepte. Gewalt, Hoffnung, Unwahrheiten als auch Geborgenheit finden lautlosen Widerhall in dieses träumerische Puzzle und fügen sich zu einem Drama ungewohnt klaren Ausmaßes zusammen. Die Autorin verzichtet dabei gänzlich auf jedwede literarische Abschweifung, wie Retrospektiven oder luzidem Geschwülst, sondern fokussiert sich auf die faszinierende Entwicklung ihrer narrativen Stränge. Die weiße Fahne, die Marys Schopf nach sich zieht steht dabei im starken Kontrast zu ihrer vorlauten, brutal-ehrlichen Persönlichkeit und macht sie gerade deshalb so verdammt liebenswert. Die vier Jahreszeiten markieren jeweils einen markanten Punkt und genau wie das Wetter spiegelt auch die Geschichte in natureller Form diese klimatischen Veränderungen dramaturgisch perfekt wider; lässt Wärme und Sonne, aber auch Schnee und Sturm hinein. Erst im Sublimen lässt sich die glanzvolle Poetik und volle Schönheit dieses Werks erfassen, drängt sich doch unnachgiebig auf und fordert ihren gerechten Platz vehement ein. In ungelöster Manier teilt die Autorin eine leichte und doch tragisch zu lesende Geschichte über ein junges Mädchen, das nur versucht zu überleben und selbst bei diesem kleinen Wunsch immer wieder aneckt. Frei fließen einnehmende Erzählung, offene Sprache und lebhafte Charaktere in einander über - ergeben ein malerisches Erlebnis einmaliger Anmut. Trotz voriger Bedenken und gerade mal 200 Seiten ist mir dieses Werk rekordverdächtig schnell ans Herz gewachsen.

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