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Oneofthefoxes

Posted on 19.10.2019

Tausend Teufel... Ich habe mich lange gefragt was dieser Titel wohl bedeutet. Doch gegen Ende des Romans wird darauf hingewiesen und ich finde, dann macht er nicht nur Sinn, sondern fasst auch durchaus zusammen, wie sich wohl vor allem Überlebende des Holocaust im Deutschland der unmittelbaren Nachkriegszeit (und auch später) gefühlt haben könnten. Umgeben von all den Menschen, die Schuld in irgend einer Weise auf sich geladen hatten und so taten, als ob das alles immer andere gewesen seien. Eindringlich schildert Goldammer einen Mordfall, der, wenn man genau hinsieht, kaum etwas mit den Mordopfern zu tun hat, dafür umso mehr mit den aufgebrochenen gesellschaftlichen Strukturen so kurz nach dem Krieg. Ich finde das man sich die zerstörte Stadt und ihre Menschen sehr gut vorstellen konnte und immer mitten im Geschehen war, wenn Heller wieder einmal quer durch die Stadt ermittelt. Manchmal ist Heller aber eine Figur die ich etwas arg hinkonstruiert finde. Dieses Thema vom guten Deutschen, ist so eine Sache. Ja einerseits ist es so, er ist prinzipientreu und ließ sich weder von den Nationalsozialisten noch jetzt von den sowjetischen Offizieren beeindrucken. Aber ich finde dahinter zeigt sich auch das er im Grunde trotzdem mitgemacht hat. Wenn auch anders, als viele andere. Ich fände es aber gut, wenn das auch stärker thematisiert worden wäre. Heller kommt mir manchmal etwas zuu heil weg, auch wenn ich ihn ansonsten mag. Diese Ambivalenz wäre eigentlich interessant und macht z.B Figuren wie Gernot Rath von Volker Kutscher erst so vielschichtig. Zurück zum Mord. Durch die vielen Geschichten, die der Roman zu erzählen hat, tritt der Mordfall selbst leider etwas in den Hintergrund. Ich finde hi und da verliert sich "Tausend Teufel" zu sehr in diesen Figuren. Das sorgt auch dafür, das am Ende alles sehr schnell gehen muss. Auf einmal hat man mehrere Verdächtige, die irgendwie abgefrühstückt werden müssen. An dieser Stelle zeigt sich wieder etwas, das ich schon beim Erstling von Goldammer nicht so gut fand. Wieder fand ich das Ganze arg überzogen. Obwohl ich vor allem die Motive hinter den Morden glaubwürdig fand und auch der Mörder selbst logisch aufgebaut war. Es war nur einfach am Ende etwas zu viele falsche Fährten, die chaotisch wirkten - das passt zwar in die Zeit und die Zustände, wirkt beim Lesen an dieser Stelle aber eben nicht ganz rund. Zudem war es meiner Meinung nach, leicht zu durchschauen. Ich gebe auch zu, das ich fand, der Autor hätte sich beim Täter ruhig mehr trauen können. Eine andere Lösung, die einen der andren verdächtigen Personen betrifft, wäre zwar noch tragischer gewesen, aber andererseits interessanter. Trotzdem, ich mochte den Roman und fand "Tausend Teufel" insgesamt schon gut. Manchmal fallen mir eben stärker die Dinge auf, die mir nicht so gut gefallen haben. Die große Stärke liegt auf jeden Fall in der Darstellung der unmittelbaren Nachkriegszeit. Die Beschreibung der Zustände und der Menschen, das war so lebendig beschrieben, als sei ich gerade mittendrin. Insgesamt macht es sich Goldammer mit seinen Figuren nicht so leicht, es gelingt ihm meiner Meinung nach vor allem die allgemeine Heuchelei gut heraus zu arbeiten. Keiner wills auf einmal gewesen sein. Gleichzeitig stellt sich die Frage, was eigentlich mit all denen passiert ist, die noch zu jung waren um die Zeit vor 1933 mit erlebt zu haben und nichts anderes kennen, als die nationalsozialistische Regierung und das dazugehörige Weltbild nicht hinterfragen können. Hier ist nichts einfach nur schwarz und weiß.

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