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DasIgno

Posted on 16.10.2019

Ove ist 59 Jahre alt, verwitwet und lebt in einer schwedischen Reihenhaussiedlung. Sein Leben basiert auf einer simplen Annahme: Recht muss Recht bleiben. Früh verlor er seine Eltern, er fand in Sonja sein Lebensglück, doch auch das gemeinsame Leben sollte von schweren Schicksalsschlägen nicht verschont bleiben. Sie verlieren ihr Kind und schließlich stirbt Sonja an Krebs. Bis zu diesem Punkt hat Ove, den man problemlos als grantigen Pedant einstufen könnte, gekämpft. Gegen die Umstände, gegen Institutionen, gegen jeden, der Sonjas Glück Steine in den Weg legen wollte. Seit ihrem Tod kämpft er nicht mehr. Er hat nur noch einen Plan, sich das Leben zu nehmen, um wieder bei Sonja zu sein. Doch als er gerade beginnt, sein Ende in die Tat umzusetzen, zieht die schwangere Parvaneh mit ihrer Familie ins Nachbarhaus ein. Zum Einstand mäht ihr Mann Patrick Oves Briefkasten um. Der denkbar schlechte Start beginnt, Oves Pläne systematisch zu torpedieren. ›Ein Mann namens Ove‹ ist der Debütroman des schwedischen Autors Fredrik Backman. Erschienen ist das Werk 2016 bei FISCHER, es umfasst 508 Seiten. ›Gran Torino‹! Der Gedanke sprang direkt in meinen Kopf, als ich die ersten Seiten gelesen hatte. Er hielt sich über das ganze Buch. ›Ein Mann namens Ove‹ ist Clint Eastwoods Meisterwerk in einer gewissen Weise sehr ähnlich. Schweden ist nicht die USA, das Buch ist kein Abklatsch, aber im Großen und Ganzen haben beide Werke viel gemein – und das macht mir Fredrik Backmans Debüt sehr sympathisch. Ove, der Inbegriff auch des deutschen Rentnerklischees – kontrolliert am Fenster sein Umfeld, grantig, schwärzt jeden an – befindet sich am Ende seines Lebens. Seit seine Frau Sonja gestorben ist und er seine Arbeit altersbedingt verloren hat, hat er mit der Welt abgeschlossen. Doch just in dem Moment, in dem er versucht, sein Ableben zu konkretisieren, verändern sich die Umstände und er findet schleichend wieder Aufgaben, die er noch erledigen muss. Unfreiwillig und mindestens unter stillem Protest, selbstverständlich. Denn ohne seine Hilfe wären die Trottel und Unfähigen ja nicht überlebensfähig. Schnell baut sich zwischen ihm und Parvaneh eine Art Freundschaft auf. Zu dem Zeitpunkt hätte Ove das sicher nie so genannt, aber zweifellos bringt Parvaneh seinen gut versteckten liebenswürdigen Kern zum Vorschein. Ove ist eigentlich ein guter Mensch, was er im Laufe des Buches auch immer schlechter verbergen kann. ›Ein Mann namens Ove‹ ist ein unheimlich lustiges Buch mit einer ernsten Botschaft: Schau hinter die Fassade! Fredrik Backman gelingt das Kunststück, einen eigentlich in fast jeder Hinsicht offensichtlich unsympathischen Charakter zu zeichnen, den man aber von Anfang an einfach mögen muss. Durch zahlreiche Rückblenden erzählt er neben den Geschehnissen im Jetzt, wie Ove zu dem Mann wurde, der er ist. Schnell beginnt man, mit ihm mitzufühlen, denn sein Leben war von Anfang an wirklich nicht leicht. Sprachlich und stilistisch komme ich nicht daran vorbei, Backman und seine Übersetzerin Stefanie Werner explizit zu loben. Ohne das Original zu kennen, ist doch offensichtlich, dass die Übersetzung einfach toll geworden ist. Ich nehme an, sie ist sehr nah am Original. Allerdings verlieren ja gerade lustige Bücher in der Übersetzung oftmals viel von ihrem Witz, weil sich Humor nicht immer leicht übersetzen lässt. Das trifft auf ›Ein Mann namens Ove‹ jedenfalls so weit nicht zu, dass das Buch auf sympathische Weise unheimlich lustig bleibt. Bleibt mir nur eine klare Leseempfehlung. ›Ein Mann namens Ove‹ ist ein sehr unterhalt- und einfühlsames, tiefgründiges Werk. In unserer Zeit, in der man gerne mal auf Menschen hinabschaut, die nicht ganz in die Gesellschaft passen, liefert es eine tolle Message. Ein wunderschönes Debüt.

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