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monerl

Posted on 11.10.2019

Meine Meinung Hätte ich bloß auf mein Bauchgefühl gehört, denn dieses sagte mir sogleich, dass ich mit “Miroloi” nicht wirlich zufrieden sein würde. Und es hatte leider recht. Ich lese NIE das Feuilleton. Doch dieses Mal wurden mir einige Kritiken in meine Timelines der sozialen Netzwerke gespült und ich entschied, sie doch zu lesen. Danach dachte ich, das Buch ist nichts für mich. Doch dann überschlugen sich die positiven Meinungen in meinem Lese-Freundeskreis und ich dachte, vielleicht lag ich mit meiner Einschätzung falsch. Deshalb kaufte ich das ungekürzte Hörbuch und legte los. Und schlussendlich hat mir das Buch nicht gefallen. Eine negative Rezension zu schreiben ist nicht immer leicht, auch wenn ich weiß, was ich nicht mochte. Dies alles so in Worte zu fassen, dass meine Kritik nachvollzogen werden kann und insgesamt sachlich bleibt, ist die große Herausforderung, der ich mich nun stellen werde. Gefallen hat mir… … die Idee, auch wenn sie nicht neu ist. Obwohl wir das Jahr 2019 haben werden in großen Teilen der Welt Frauen unterdrückt, misshandelt, schlecht behandelt. Sie dürfen sich nicht entfalten, frei entscheiden, frei wählen oder überall hin begeben, wohin sie wollen. Mancherorts müssen sie sich im Hintergrund halten oder gar auch verstecken. … zum Teil auch die Protagonistin. Sie ist ein Findelkind und hat somit den Blick von außen auf das Schöne Dorf der Insel, das (fast) abgeschnitten von der fortschrittlichen Welt, eine Art mittelalterliches Leben führt und auf jeglichen Luxus und die Vereinfachungen des Lebens verzichten. Es stellt sich die Frage, warum sie das machen? Weil ein bestimmter Teil der Dorfbewohner entschieden hat, dass nur so ein gottgefälliges Leben möglich ist. Wem das nicht passt oder nicht an Götter glaubt, hat jedoch nicht die Freiheit einfach zu gehen. Nein, auch hier herrscht das Pech, im Geburtslotto verloren zu haben. Und auch ein namenloses Findelkind, das weniger Wert ist als das Nichts, wird nicht einfach von der Insel verjagt. Nein, es muss all die Gewalt und die Schmähungen demütig über sich ergehen lassen ohne Hoffnung auf Besserung. Durch die erst namenlose Ich-Erzählerin bekommen die Leser*innen alles aus dieser Außensicht mit und dies bietet die Möglichkeit, sich der Protagonistin ganz nah zu fühlen. Bedingt funktioniert das auch. Was mich am Buch stört, mir nicht gefallen hat… … ist von Beginn an diese Unlogik über die Herkunft des 16-jährigen Findelkinds. Es wurde in einem Karton ausgesetzt, auf der Treppe des Bethauses. Der Betvater hat den Karton gefunden, deshalb wird er auch der Finder genannt. Doch in diesem Dorf ist NICHTS heimlich! Keine Frau kann schwanger sein und ein Kind bekommen, ohne dass die Gemeinschaft das weiß. Und auch keiner kann einfach so ungesehen auf die Insel kommen, mit einem Säugling unterm Arm und diesen in einem Karton vor das Bethaus legen und wieder verschwinden. … der Schreibstil der Autorin hat mir sehr viel abverlangt! Diese permanenten Wiederholungen und Aufzählungen, bis sie an den Punkt kommt, um den es eigentlich geht, hat mir zum Großteil die Lust an der Geschichte genommen. … die sehr einfache Sprache, in der die ganzen “Strophen” geschrieben sind. Zu Beginn ist dies dem geschuldet, dass die Protagonistin nicht lesen und schreiben kann, sehr naiv ist und einfach keine Bildung hat. Das ändert sich, als sie lesen und schreiben lernt, doch die Sprache verändert sich nur unmerklich. Sie lernt mehr Wörter und stellt Fragen und versteht die Lügen, doch gleichzeitig wird dies alles weiterhin sehr einfach ausgedrückt. … flache Dialoge, die durch das Hören noch viel mehr auffallen, da man nicht schnell liest oder überfliegt sondern tatsächlich hinhören muss. … für meinen Geschmack völlig unnötige sexuelle Passagen, die teilweise zu derb und uninteressant waren. Das Findelkind wird darüber aufgeklärt, dass Frauen eine Knospe haben, mit der sie sich selbst befriedigen können. Na prima! Warum das für den Fortgang der Geschichte wichtig ist, wurde mir nicht klar. Auch der eine oder andere Gschlechtsverkehr war in dieser Tiefe nicht nötig. … es gibt viel Gewalt, Missbrauch, Tötung, Ungerechtigkeit, Strafen usw., so viel Negatives aber fast nichts, das positive Leseatmosphäre schafft. Sehr oft langweilte mich das Geschriebene, da entweder zu kurz angerissen, zu oberflächlich oder zu viel auf einmal. Die Vermischung von zig Religionen und religiösen Handlungen, Namen aus allen möglichen Ländern und Kulturen (Jakup, Kristof, Sanis, Vikram, Dimitri, Lazarus, Janis, Mariah, Sofia, Nura, Alina, Nizra, Panagiota, Ida, Irini), ohne dass sich nach und nach ein Weg abzeichnet. Es war mir ein zu großes Durcheinander. … und am allermeisten haben mich die Prallelen zum Islam, den extremen Auslegungen des Islams, geärgert. Ja, diese Unterdrückung der Frauen gibt es, sogar in vielen islamisch geprägten Ländern dieser Welt. Sie sind furchtbar und rückständig, aber warum müssen sie jetzt hier in dieser Geschichte auftauchen? Sie sind weder alt noch dystopisch und obwohl die Autorin vordergründig die Religionen vermischt, wie z. B. die Khorabel (das Kofferwort aus Koran, Thora und Bibel), die das Gebetsbuch des Schönen Dorfes ist, driftet mir die Ausuferung des Dorfes am Ende zu sehr und zu einseitig in Richtung extreme Auslegung des Islams. … das Ende ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Man mag es als hoffnungsvoll auslegen, für mich ist es unausgereift. Karen Köhler hätte m.M.n. eine Entscheidung treffen und die Geschichte nicht in der Luft hängen lassen sollen. Mindestens das wäre sie den Leser*innen schuldig gewesen. … das Hörbuch wurde von der Autorin selbst besprochen. Ich wusste das nicht, hatte beim Kauf nicht darauf geachtet, wer die Sprecherin ist. Nachdem mir die Lesung nicht gefallen hatte schaute ich nach und erkannte erst da, dass Karen Köhler selbst die die Sprecherin ist. Leider mochte ich ihre Stimme und die Art des Sprechens nicht. Fazit Es bleibt nur zu sagen, dass dieses Buch und ich nicht zusammengepasst haben. Vielleicht hätte es mir als gedrucktes Buch einen Ticken besser gefallen, vielleicht. Aber insgesamt gefiel mir die Umsetzung in vielen Punkten nicht. Sie ging mir nicht genug in die Tiefe. Zu oberflächlich und einfach stellt die Autorin alles da, ohne dass ich einen Mehrwert am Ende herausziehen kann. Denn ich wusste auch vorher schon, dass Diktaturen schlecht sind und Gewalt anwenden, dass keine Bildung gefügig macht, dass Wissen Macht ist, dass oftmals Männer Frauen unterdrücken, dass patriarchale Strukture keinesfalls ihre Macht und Oberhand einfach so abgeben wollen. Insgesamt ein Buch ohne Hand und Fuß und aus meiner Sicht nicht empfehlenswert.

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