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Ai Haninozuka

Posted on 6.10.2019

"Andorra" war das erste Buch von Max Frisch, welches ich gelesen habe. Ich musste es im Zuge des Deutschunterrichts bearbeiten. Das Cover ist schlicht gehalten und lässt keinen wirklichen Eindruck auf die Handlung zu. Der Schreibstil war für ein klassisches Stück absolut in Ordnung. Es ist natürlich nicht in Romanfassung geschrieben, da es ein Theaterstück ist, aber ich lese eigentlich alles mögliche, von daher habe ich mit sowas kein Problem. Ich finde es sogar praktisch, weil überflüssige Fillerszenen (Füllszenen um den Roman zu strecken) weitestgehend vermieden werden, weil nur die Textpassagen und das, was eine Figur tut, erwähnt wird. Mit 176 Seiten ist es ein sehr dünnes Buch und es lässt sich gut und schnell lesen. Anders als viele andere Personen meines Alters, die in der Schule klassische Stücke lesen müssen, bin ich gar nicht mal so gelangweilt gewesen. "Der Besuch der alten Dame" fande ich zwar etwas unterhaltsamer, aber "Andorra" ist völlig solide, wenn man quasi dazu "gezwungen" wird, es zu lesen. Es geht um die jungen Andri, der sein leben lang glaubte er sei ein Findelkind. Er muss sich mit Anfeindungen der Menschen in Andorra auseinandersetzen und es gibt eigentlich kaum eine Figur, die nicht judenfeindlich ist. Andri wohnt bei einem Lehrer, seiner Frau und Stiefschwester Barblin. Andri arbeitet dort als Küchenjunge, möchte jedoch eine Lehre zum Tischler beginnen und Barblin heiraten. Die Dorfbewohner sorgen dafür, dass er die Lehre nicht bekommt. Frisch arbeitet hier mit vielen Vorurteilen und Gruppenzwang. Auch die Hochzeit mit Barblin findet nicht statt, da der Vater sein Geheimnis lüftet. Doch dies ändert nichts an der Situation, denn die Dorfbewohner terrorisieren Andri weiterhin und er glaubt mittlerweile auch, dass die Anfeindungen gerechtfertigt sind, obwohl er es eigentlich besser wissen müsste. Im Laufe der Handlung wird das ängstliche Volk, was die "Schwarzen" so fürchtet, von eben diesen untergraben, als sie in die Stadt einfallen. Unabhängig von der Handlung fand ich die Figur des Andris gut ausgearbeitet. Es wird klar gezeigt, wie Andri sich zu Beginn versucht gegen die Anfeindungen zu wehren und sich nichts anmerken zu lassen, doch im Laufe der Handlung glaubt er diese Anfeindungen selbst. Der Lehrer ist quasi eine Art Schuldträger in der Geschichte, da er Andris Leben auf einer Lüge aufgebaut hat und somit mitverantwortlich für die Vorurteile und den Hass gegen Andri war. Die Dorfbewohner sind durchwachsen. Im Grunde wirkt es wie eine Ansammlung an Menschen, die sich gemeinsam ein Opfer suchen, um dort ihre Unsicherheit und Unzufriedenheit zu kompensieren. Sie haben Angst vor den "Schwarzen" und da sie denken, dass Andri ebenfalls anders ist, wie die "Schwarzen" fühlen sie sich hier gemeinsam stark, wenn sie jemanden anfeiden und bedrohen können, der anders ist. Dies trauen sie sich bei den "Schwarzen" nicht. Die Figuren wirkten der Reihe nach alle sehr authentisch. Es fand eine Charakterentwicklung stand, die absolut glaubwürdig war und die man aufgrund der Handlung vollständig nachvollziehen konnte. Im Grunde würde ich das Stück durchaus empfehlen, wenn man sich für Dramen interessiert und gerne spekuliert und interpretiert.

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