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Constanze Derham

Posted on 4.9.2019

Bücher über Alltagsdinge und ihre kulturellen und historischen Verknüpfungen, finde ich grundsätzlich sehr spannend. Wenn so ein Text gut recherchiert und geschrieben ist, gelingt in solchen Büchern eine unterhaltsame Verbindung von Alltagskultur, Sozial- und großer Weltgeschichte. Was für interessante Geschichten könnte man anhand von Knöpfen erzählen: Wie kamen Knopfmaterialien wie die Schalen exotischer Meeresschnecken als Knopfmaterial nach Europa? Wie veränderte die technologische Entwicklung die Herstellung von Knöpfen? Welche Künstler beschäftigten sich mit Knöpfen und ihrer Gestaltung? Wie entwickelte sich die Manie für edelsteinbesetzte Knöpfe im 16. bis 18. Jahrhundert? In „Das Knopfbuch“ von Stephanie Schneider werden diese Erzählungen leider nur in wenigen Sätzen gestreift. Ein Lexikon der Knopfarten, Knopfformen und -materialien gibt einen kurzen Überblick, die darauffolgende Geschichte der Knöpfe galoppiert einmal von den alten Ägyptern bis in die Gegenwart, ohne an irgendeiner Stelle haltzumachen und eine der gerade angerissenen Anekdoten wirklich zuende zu erzählen. Über vieles, was so knapp referiert wird, hätte ich gerne viel mehr erfahren. So soll zum Beispiel eine Weste Ludwig XIV. (der einen Knopf-Spleen gehabt haben muss) 816 Edelsteinknöpfe und 1826 Diamantknöpfe aufgewiesen haben. Wie hat dieses Kleidungsstück ausgesehen? Gibt es diese Weste noch, gibt es Abbildungen, oder weiß man davon durch historische Berichte oder Inventarlisten? Wurde diese Weste überhaupt getragen - sie muss ein enormes Gewicht gehabt haben - oder war das ein kunsthandwerkliches Rennomierstück, das man Besuchern vorführte, um sie zu beeindrucken? Ich ertappe mich dabei, wie ich mir ein Literaturverzeichnis wünsche, um anderswo im Detail nachlesen zu können. Die Knopffotos in diesem Band, Knöpfe aus der Sammlung der Autorin, korrespondieren meistens nicht mit dem Text (im Lexikonteil wäre das sehr sinnvoll gewesen) und sind daher ganz nett, aber verzichtbar, und das gilt irgendwie auch für das ganze Buch: Für Leser*innen, die sich einen vertieften Einblick in die Geschichte des Knopfes erhoffen, ist es zu oberflächlich; für Menschen, die nur mal ein paar unterhaltsame Anekdoten über Knöpfe, ihre Hersteller und ihre Träger lesen möchten, zu unsinnlich.

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