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schnick

Posted on 6.8.2019

"Typisch. Der erste Kollege, mit dem ich mich anfreundete, und es war ein trinkender Supercomputer." "Der Metropolist" hat mich vor allem angesprochen, weil der Protagonist "Henry" heißt, was mich spontan an Tom Sharpes "Henry Wilt" denken ließ. Dass Henry ein pflichtbewusster, leicht neurotischer Beamter einer amerikanischen Verkehrsbehörde ist, dem eine künstliche Intelligenz zur Seite gestellt wird, um einen Angriff auf ebenjene Behörde aufzuklären, ließ mich gute Unterhaltung und einigen Witz erwarten. Ich wurde im Großen und Ganzen nicht enttäuscht. "Der Metropolist" spielt in nicht allzu ferner Zukunft in den USA und kommt schnell zur Sache. Der Ableger der Verkehrsbehörde in Suitland wird angegriffen und Henry auserkoren, gemeinsam mit OWEN, einer künstlichen Intelligenz, die Hintermänner in Metropolis ausfindig zu machen. OWEN ist ein eigenwilliges Programm, eitel, rauchend, saufend... und beim Anblick von Blut in Ohnmacht fallend. Mir hat die Prämisse des Romans gefallen und Seth Fried hat einen sehr angenehmen Schreibstil, den ich als sehr natürlich empfunden habe. Er hat den Roman aus der Ich-Perspektive geschrieben, was zwar in einigen Szenen die Spannung etwas herausnimmt, weil offensichtlich ist, dass Henry da schon irgendwie rauskommen wird, andererseits ist immer wieder spannend, WIE er aus manchen Situationen herauskommt. Da die Geschichte aus Henrys Perspektive erzählt wird, wird - ganz dem Charakter entsprechend - eher trocken erzählt, was der Geschichte aber zuträglich ist. Was genau "Der Metropolist" ist, lässt sich schwer sagen: Fried liefert eine herrliche Mischung aus Science-Fiction, Utopie bzw. Dystopie (je nachdem, wie man zu Städten wie Metropolis steht. :-D), Abenteuerroman und Gesellschaftskritik. Bei all der Unterhaltung, all dem Witz, den Fried immer wieder präsentiert, ist doch unterschwellig die Frage, wie wir eine "perfekte Welt" verstehen, wie wir sie sehen. Dabei ist interessant, dass Henry, obgleich stets korrekt und regelkonform - also ein Langweiler und Pedant vor dem Herrn -, trotzdem alles in allem positiv rüberkommt. Vielleicht liegt das daran, dass die Welt, in der er lebt, so überspitzt ist, dass einer wie er ein Anker ist, vielleicht liegt es aber auch schlicht daran, dass er "nur" eine Romanfigur ist und wir dank seiner Erzählungen auch wissen, worauf sein Verhalten und sein Denken zurückzuführen ist. Apropos "Welt, in der er lebt": Mein einziger nennenswerter Kritikpunkt ist tatsächlich, dass Seth Fried den Roman so kurz gehalten hat, dass die Welt der Zukunft nur am Rande beschrieben wird. Eine echte Vorstellung davon, wie dieses zukünftige Amerika aussieht, bekommen wir nicht. Das ist ein bisschen schade. Die Leser*innen bekommen letztlich so wenig Anhaltspunkte geliefert, dass es schwer ist, die Leerstellen mit Phantasie zu überbrücken. Gleichzeitig bedeutet dieser Verzicht auf ausführliche Beschreibungen aber auch, dass der Roman sehr straff erzählt ist, und an keiner Stelle in langatmige Beschreibungen ausartet. Dennoch wäre etwas mehr Detailfreudigkeit schön gewesen. Insgesamt hat mich "Der Metropolist" blendend unterhalten. Seth Fried ist ein humorvoller und intelligenter Roman gelungen, der den Spagat zwischen Witz und Gesellschaftskritik hält. "Seine Erklärung enthielt die ganze saubere Kausalität echter Logik - Politik war immer politisch, und mit Hilfe für die Armen verlor man Wahlen. Aber das hätte auch bedeutet, dass unsere Arbeit nichts veränderte, nur verstärkte, was bereits da war."

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