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robespierre

Posted on 15.7.2019

Dieser Text ist bedrückend und steht sicher in den Reihe der wichtigen Texte über den zweiten Weltkrieg. Duras schreibt in Form eines Tagebuchs, das die Erzählfigur Jahrzehnte nach dem Krieg wieder gefunden hat und nun eins zu eins widergibt. Dabei sind "Der Schmerz" eigentlich mehrere Texte nebeneinander. Der Haupttext "Der Schmerz" beschreibt die Rückkehr des Ehemanns der Erzählfigur aus einem deutschen KZ, nach der deutschen Niederlage. Duras beschreibt hier sehr plastisch, bildlich und detailliert, wie enstellt und am Rand des Vorstellbaren der Rückkehrer sich in einem Stadium jenseits von Leben und Tod befindet. Dem Gegenüber stehen verschiedenen Miniaturen, in denen das Leben in der Pariser Résistance am Ende des Krieges, oder kurz danach. Hier entwickelt der Roman seine unbeschreibliche Kraft, in dem Duras die Leiden aus dem ersten Teil der Teils sadistischen Lust gegenüberstellt, mit der die Kämpfer der Résistance sich gegen Kollaborateure stellen, diese Folter und ohne Prozess hinrichten. Duras schützt hier niemanden; weder die Deutschen, deren Unentschuldbarkeit ihrer Verbrecher im ersten Teil allgegenwärtig sind, noch die Résistance, noch die Erzählfigur. Krieg verursacht Schmerz. Ich kenne keinen Text der diese Wahrheit deutlich in den Lesenden einschreibt. Dieser Text vermag es eindrucksvoll an eine Zeit zu erinnern, die heute vielleicht so nahe ist, wie seit '45 nicht mehr. Und er ist radikal. Radikal in seiner Beschreibung menschlichen Leids, radikal in seiner Haltung und Erbarmungslosigkeit. Ein Text der seine eigene Radikalität nur umso stärker hervorhebt, weil er in Duras typischer, brillanter und wunderschöner Sprache geschrieben ist. Dieser Text wurde 1985 erstmals in Deutschland publiziert und hätte im Jahr 2019 eine Neuauflage mehr als verdient.

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