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stefanie aus frei

Posted on 10.6.2019

Hercule Poirot kriecht in den Kaninchenbau O: Numb Witness, 1937, Juli; in den USA im selben Jahr als "Poirot Loses a Client". Der 21. Kriminalroman von Agatha Christie ist der 14. mit Poirot. Er wird ab dem 5. Kapitel erkennbar von Hastings erzählt, was nach diesem Buch nur noch ein Mal passiert, in "Vorhang" / "Curtain", dem letzten Poirot. In deutscher Erstübersetzung durch Anna Schober erschien das Buch 1938 im Talverlag, vergleiche Wikipedia; mein Exemplar ist von Scherz 1983 - ohne Angabe zum Übersetzer, wohl weiterhin von der ursprünglichen Übersetzerin. Seit 2015 existiert eine Neuübersetzung durch Christa Schuenke mit einem durch neue Rechtschreibung nach meiner Meinung verhunztem Titel "Der Ball spielende Hund" bei Atlantik (es besteht meiner Meinung nach zu Recht ein Unterschied in der Schreibweise beispielsweise bei "schönreden" - etwas schönreden, was es nicht ist - und "schön reden" - er kann schön reden). Ich bin sonst kein großer Freund erster Sätze, hier muss es sein: "Emily Arundell starb am 1. Mai." S. 5, und weiter: "Sie war in jeder Hinsicht ein Kind ihres Zeitalter, dessen Vorzüge und Fehler sie teilte. Sie war selbstherrlich und oft anmaßend, aber auch ungemein warmherzig; sie hatte eine scharfe Zunge, aber ihr Wirken war voll Güte; hinter ihrer äußerlichen Sentimentalität verbarg sich großer Scharfsinn. Sie wechselte ziemlich häufig ihre Gesellschafterinnen und behandelte sie schroff, aber nicht knickerig. Und sie besaß einen lebhaft entwickelten Familiensinn." Als ebendiese Miss Arundell einen seltsamen Unfall hat, kommen der älteren Dame Zweifel. Und so schrieb sie aus ihrem Heim "Haus Immergrün" in Basing, Berkshire, einen Brief an ihren Anwalt, um ihr Testament zu ändern - und einen an Hercule Poirot. Doch als Poirot den Brief erhält, ist seine Auftraggeberin bereits tot. Ihr Arzt bescheinigt einen natürlichen Tod aufgrund eines langjährigen Leberleidens. Wieder einmal schreibt Agatha Christie hier ein Kammerspiel, bietet sich für den Mordversuch doch nur ein Mitglied oder Gast des Hauses an. Und überhaupt, sollte man ermitteln bei einem reinen Mord versuch? Doch Poirot hat natürlich eine andere Meinung als Hastings. Mich hat dieser eher kurze Roman blendend unterhalten - ich hatte das Buch vor über zwanzig Jahren zuletzt gelesen und tatsächlich die Auflösung vergessen. Mein Mitraten hatte mich völlig auf die falsche Spur geführt, auch wenn ich einen Hinweis korrekt interpretiert hatte. Herrlich! Auch gefällt mir, dass Poirot hier nicht so abstoßend herablassend gegenüber Hastings ist. Die weiter unten erwähnte Plotlücke war mir nicht selbst aufgefallen. Zur Übersicht: Hercule Poirot, der belgische Detektiv Emily Arundell, das Opfer Theresa Arundell, eine Nichte des Opfers - heute würde man sie als "Society Lady" oder gar "It-Girl" bezeichnen Dr. Rex Donaldson, Theresas Verlobter, Arzt Charles Arundell, ein Neffe des Opfers, Theresas Bruder Bella Tanios, eine Nichte des Opfers - Cousine von Charles und Theresa Dr. Jacob (in der deutschen Übersetzung Basil) Tanios, Bellas griechischer Ehemann und Arzt Wilhelmina "Minnie" Lawson, die Gesellschafterin des Opfers Captain Hastings, Poirots Gefährte Geschwister Tripp (in einer deutschen Übersetzung auch Kipp), zwei Amateurspiritistinnen Caroline Peabody, eine zweite alte Dame Dr. Grainger Referenzen: S. 68/Kapitel 11: Poirot's Reisen in Syrien und Irak - das referenziert zu "Mord in Mesopotamien" und "Mord im Orientexpress"/"Der rote Kimono" Die Geschichte basiert auf einer Kurzgeschichte, die als verschollen galt (siehe englischsprachige Wikipedia): "The Incident of the Dog's Ball" wurde 2004, also nach Christie's Tod, von deren Tochter auf dem Dachboden gefunden und veröffentlicht in John Curran : Agatha Christie's Secret Notebooks: Fifty Years Of Mysteries Zeitgeist: S. 9 "Denn Bella hatte einen Ausländer geheiratet, mehr noch - einen Griechen! Nach Miss Arundells voreingenommenenen Anschauungen war ein Grieche fast so unmöglich wie ein Neger oder Eskimo." hm. Wikipedia kann ich entnehmen, dass "Basil Tanios" aus der deutschen Fassung im Original ein "Jacob Tanios" ist?! Antisemitismus oder der Versuch genau des Gegenteils bei der ersten Übersetzung? Hm. Die Originalversion hat laut englischsprachiger Wikipedia wohl Kapitelüberschriften - dabei wurde Kapitel 18 von "A Nigger in the Woodpile" später geändert in "A Cuckoo in the Nest" Übrigens war so mit zwölf, dreizehn es für mich nicht wenig verlockend, später so eine "alte Jungfer" zu werden wie Miss Arundell oder Miss Marple, auf jeden Fall mit Gesellschafterin, Hund und Putzfrau. Dieses Buch hier stellt das wirklich verlockend dar (okay, abgesehen davon, ermordet zu werden) Trivia: was in keiner Wikipedia erwähnt wird: ich sehe hier Referenzen zu Arthur Conan Doyle, durchaus nicht untypisch für Christie, schon in der Person des Hastings (Watson). Auch in "Der Hund von Baskerville" ist ein Hund, der nicht bellt, ausschlaggebend für die Aufnahme von Ermittlungen, richtig? Wikipedia: "Christie widmete diesen Roman ihrem Foxterrier Peter, der auch auf dem Cover der englischen Originalausgabe abgebildet ist. Der Hund starb ein Jahr nach Veröffentlichung des Romans mit 14 Jahren. Auch der Roman "Der blaue Express" enthält eine Widmung an ihn. " Wer bitte erdreistet sich, bei den deutschen Übersetzungen diese Widmungen praktisch komplett zu unterschlagen? Die englischsprachige Wikipedia verrät, dass es Ausgaben gibt, bei denen der Sohn der Tanios nicht durchgängig Edward heißt (Kapitel 2, 6 und 17), sondern teils John (Ende Kapitel 16, Anfang Kapitel 17) - das wurde in die deutsche Übersetzung nicht übernommen, wie von mir gerade nachgeprüft Ähnliches gilt für Bellas Mädchennamen auch nur für die englischsprachige Version - sie heißt zu Beginn in Kapitel 1 "Bella Winter", dann in Kapitel 10 "Bella Biggs" - in der deutschen Version wird Biggs durchgängig genutzt (ich benötige also auch hier die Originalversion) Plotlücke: wer kann nachts mit Hammer, Nägeln und Lack in der Nähe eines Schlafzimmers arbeiten?

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