Aurelia
Leda, Englischprofessorin in Florenz und Mutter zweier erwachsener Kinder, beschließt in den Semesterferien alleine zu vereisen und fährt in den Süden Italiens an die Küste. Während sie sich Entspannung erhofft, kommt es doch ganz anders, als sie eine junge Mutter mit ihrer kleinen Tochter beobachtet und kennenlernt. Diese Begegnung löst etwas tief Verborgenes in ihr aus und bringt eine unschöne Seite in ihr zum Vorschein. Das zentrale Thema dieses Buches ist die Mutterschaft und wie die Protagonistin Leda diese erlebt hat. Sie wird durch das Beobachten der Mutter-Kind-Beziehung von Nina und Elena an ihre eigene Zeit als Mutter und an ihre eigene Mutter erinnert und alles kommt wieder hoch. Die unerfüllten Wünsche und Sehnsüchte, die konflikthaltigen Beziehungen zu ihrer Mutter und ihren eigenen Kindern. Mir schien es oft als wäre sie nicht bereit für Kinder gewesen, da sie sich selbst und ihren Platz in der Welt noch nicht gefunden hatte und die Selbstverwirklichung anstrebte. Dies funktionierte nicht mit Kindern, denen sie sich in gewisser Weise unterordnen musste. Dadurch war sie hin- und hergerissen zwischen eigenen Träumen und ihrer Verpflichtung als Mutter, in dessen Spannungsfeld sie sich früher oder später entscheiden musste. An Leda gefiel mir besonders ihre ehrliche und schonungslose Art. Die einen werden das als egoistisch und selbstsüchtig bezeichnen und ich gebe zu, dass ist es auch, aber dadurch wurden auch die Schattenseiten des Kinderhabens beleuchtet und eingehend analysiert. Es wird nicht nur das Bild vermittelt, dass mit Kindern immer alles toll ist, sondern wie schwierig und problematisch solche Beziehungen sein können. Was mir seltsam und unheimlich erschien waren Ledas plötzliche Verhaltensänderungen. Meistens war sie kontrolliert und ging mit Bedacht vor und dann wurde sie plötzlich trotzig, impulsiv, handelte und dachte total albern und kindisch. Das führte dann zur unbedachten Handlungen mit negativen Konsequenzen. Ähnliches fiel mir bei der Beziehung zu ihren Kindern auf. In den Erinnerungen war sie oft ängstlich und wollte ihren Kindern die Welt zu Füßen legen und im nächsten verhielt sie sich egoistisch und teilweise sogar aggressiv. Komplett gegensätzlich. Das wirkte unstet und nicht kontinuierlich. Wie ein inaktiver Vulkan der plötzlich und unerwartet ausbricht. Richtiggehend unheimlich. Die andersartige Perspektive auf die Mutterschaft und die Rolle als Mutter - auch im Vergleich zum Vater - sind erfrischend und innovativ geschildert und konnten mich vollkommen begeistern.