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drwarthrop

Posted on 22.5.2019

Malina, eine junge Bibliotheksangestellte bekommt eines morgens ein prall gefülltes Paket zugeschickt, in dem sich neben hunderten von Geldscheinen ein Zettel befindet: Hier ein paar Zettel mit Nullen drauf. Deine Großmutter. Nachdem Malina, schlau wie sie ist das Geld in ein Schließfach gebracht hat, ruft sie ihren "Freund" Christian an, der verheiratet und auf Auslandsreise ist. Als kleine Rache schnappt sie sich ihren Zweitschlüssel von seinem Mercedes und macht sich auf ihre lang verschollen- und totgegblaubte Oma wiederzusehen. Anders als erwartet ist ihre Großmutter überhaupt kein bisschen so, wie man sich im sozial langläufigen Sinne eine Oma vorstellen würde. Bei Malinas Eintreffen trägt sie ausgebleichte, verwaschene Jeans, ein schwarzes Männerhemd und raucht selbstbewusst eine dicke, selbstgedrehte Zigarette. Auch sonst stellt sich schnell heraus, dass "Oma-Kristyna" kein sozial konformistisches Leben genossen hat; viel rumgekommen ist, eine Menge Leute getroffen und dabei das ein oder andere gelernt hat. Die beiden freunden sich schnell und intensiv an, denn Oma versteht, was Malina bedrückt und wieso sie sich nach einer Veränderung gesehnt hat. Thomas Sautner beschreibt in seinem bereits siebten Roman eine emotionale, tiefgründige Beziehung, die sich zwischen zwei Menschen entwickelt, die zwar keine Familie bilden, aber trotzdem durch ein unsichtbares, sowie untrennbares Band verbunden sind. Unterbrochen werden die inhaltlichen Ereignisse von kognitiven, fast luziden Gedanken der Protagonistin. Was zuerst etwas stört entwickelt sich schnell zu einem kreativen Literaturkniff, der Malina einen organischen Charme verleiht und sie sympatisch macht. Ein weiterer Aspekt der Diktion ist die liebevolle und engagierte Hingabe zur idyllischen, fast göttlichen Natur, die das namesgebende Haus und die Umgebung farbenfroh wiederspiegeln. Sautner schafft es dabei trotz metaphorisch durchsetzter Genügsamkeit nicht den Eindruck einer gewollten, aufgesetzten Szenerie zu vermitteln. Inhaltliche Abstrusitäten unterstreichen den markanten Dadaismus, der den Charakteren und der Geschichte zu Grunde liegen und damit wunderbar die aufgegriffenen Thematiken, wie den simplen, schönen Hedonismus unterstreichen. Ein einzigartiges, fein gezeichnetes und wunderbar offenes Buch über die Bedeutung des Einzelnen, über Familie und was es heißt einfach mal die pittoreske Schönheit der Natur und des zelebrierenden Lebens auf sich wirken zu lassen.

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