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Posted on 14.5.2019

Wer kennt sie nicht, die Geschichte vom Jungen, der nicht erwachsen werden wollte? Von Wendy und Michael und all den verlorenen Jungen, die auf dieser Insel stranden und gemeinsam mit Peter Pan Abenteuer erleben. Doch diese Adaption reist zurück zu den Anfängen der Verlorenen Jungen, zurück zu dem ersten von ihnen. Zu Jamie. Für immer jung Wohl jedem Kind und Kindgebliebenen ist eine besondere Insel im Meer ein Begriff. Sie besitzt eine Lagune mit spielenden Meerjungfrauen, sie hat Wälder, in denen Indianer hausen, und Küsten, an denen Piraten ihr Unwesen treiben. Sie beherbert einen Jungen, der nicht erwachsen werden will. Sie ist Nimmerland. Nimmerland, die Insel der ewigen Jugend. Nimmerland, die Insel der nie versiegenden Abenteuer. Nimmerland, die Insel von Peter Pan. Doch in Lost Boy büßt dieses klangvolle Stückchen Land seinen Glanz ein, wird bedrückend und düster. Die Verlorenen Jungen leben zum Teil schon sehr lang auf der Insel. Wer einmal da ist, kommt nie wieder weg. Und irgendwie hält sich jeder von ihnen für etwas besonderes, doch nur einer hat ein Anrecht darauf: Jamie. Denn Jamie war der erste, den Peter vor so vielen Jahren zu sich auf die Insel brachte, der mit ihm allein Abenteuer erlebt hat. Alle anderen kamen erst später, und ihr Leben bedeutet Peter im Grunde nichts. Lost Boy zeigt die Geschichte aus Jamies Sicht. Jamie ist aufopferungsvoll, er passt auf die Jungen auf, er sorgt dafür, dass sie zu essen haben. Er ist die fehlende Mutter, auch wenn er es selbst nicht wahrhaben will. Als Charlie auf die Insel kommt, nimmt er ihn unter seine Fittiche. Denn Charlie ist erst fünf Jahre alt, noch viel zu klein, um der Insel zum Fraß vorgeworfen zu werden. Jamie weiß das, und Peter auch. Christina Henry setzt sehr gekonnt das ursprüngliche Wesen Peter Pans um, denn er ist nicht der kleine lustige Bengel, für den wir ihn halten wollen. Peter ist egoistisch, eigensinnig, wild und brutal. Und eifersüchtig. Denn wenn er nicht die Sonne für all die Jungen ist, dann verletzt ihn das. Und dann muss sich etwas verändern. Charlie muss weg, und die Katastrophe nimmt ihren Lauf. Schon zu Beginn webt die Autorin ein dichtes atmosphärisches Netz, in das der Leser eintaucht. Als Peter Pan eine Geschichte erzählt, in der ein kleines Entlein stellvertretend für einen kleinen Jungen einem Krokodil zum Opfer fällt, wird schnell klar, hier ist nicht alles eitel Sonnenschein. Diese bedrohliche Stimmung zieht sich durch die gesamte Geschichte, wird von weiteren Gräueltaten überlagert und steigert sich zu einem großartigen Finale. Und manchmal, ja, manchmal ist man selbst schockiert, wie simpel des Rätsels Lösung sein kann. Sie schreit nach dir auf Seite eins, doch du verstehst sie erst ganz am Ende. Auch finden sich die wichtigen Peter-Pan-Motive in dieser Adaption immer wieder. Das Symbol der Mutter ist allgegenwärtig, die fehlende, unerlaubte Weiblichkeit. Der Egoismus Peters, der ewige Kampf und natürlich das Krokodil. Wer der Originalgeschichte verfallen ist, der kommt auf jeden Fall auf seine Kosten. Fazit Lost Boy war meine erste Adaption von Christina Henry, doch mit Sicherheit nicht die letzte. Es ist eine Geschichte, die mit einer Wucht in dein Herz prallt und dort fest verankert bleibt. Weder wird die Grundstory von James M. Barrie verkitscht dargestellt, noch werden wesentliche Merkmale Peters verändert. Hier findet man eine Art Vorgeschichte vor all den Anderen, ein Anfang auf Nimmerland. Unbedingt zugreifen!

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