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drwarthrop

Posted on 14.5.2019

Hull, England, 1857. Die Volunteer, ein Walfangschiff unter der Leitung des verfluchten Kapitäns Broownlee, der vor allem dadurch bekannt geworden ist, dass ein Großteil seiner letzten Crew das Zeitliche segnen musste hat den Auftrag im Norden ertragreiche Beute einzufahren. Mit an Bord sind außer einer Menge rohbeiniger Seemänner, der laudanumsüchtige, aber herzensgute Schiffsarzt Patrick Sumner, der nach der unehrenhaften Entlassung aus dem Militär eine Übergangslösung sucht, sowie der Harpunier Henry Drax, der nicht nur mit einer Harpune Wale töten kann, sondern auch noch ganz andere Dinge vollbringen mag. Auf dem Weg in die nördlichen Gefilde, bekommen Sumner eines Tages Besuch von dem Schiffsjungen Joseph Hannah, der Spuren einer brutalen Vergewaltigung aufweist, den Schuldigen aber nicht Preis geben möchte. Ein paar Tage später, bei der Verarbeitung eines Walkadavers wird der Junge tot in einem Fass entdeckt. Der Schuldige ist schnell ausgemacht: der homosexuelle Tischler. Ob die Mannschaft damit in Sicherheit ist oder ob vielleicht weiterhin eine brutale und gnadenlose Bestie unter ihnen weilt lasse ich an dieser Stelle mal offen... ———————— „Nordwasser“ entwickelt sich schnell von der düsteren, moby-dickschen Erzählung zu einem rasanten und epochalen Thriller auf hoher See, der einem wortwörtlich das Blut in den Adern gefrieren lässt. Dabei besinnt sich der Autor auf eine distinktive, leicht ordinäre Diktion, die sowohl das angestrebte Setting wunderbar unterstreicht, als auch die sekundäre Interpretationsebene bespielt. Des Weiteren sind verschiedene Perspektiven genial mit der Geschichte verwoben, ohne dass dabei (wie so oft) ein Charakter überkonstrastiert wird. Fachspezifischer Wortkomplex wird hier nicht benötigt und ermöglicht es so dem Leser einfacher mit den Geschehnissen zu verschmelzen, ohne erst ein maritimes Wörterbuch zu inhalieren. Unterbrochen werden die fesselnden Ereignisse lediglich durch kurze, prägnante Beobachtungen der idyllischen Landschaft oder simplen Beobachtungen der alltäglichen Schlichtheit, die dem Roman eine beachtenswerte Tiefe verleihen, sowie den pittoresken Aspekt der Reise unterstreichen. Ein unerwartet spannungsgeladenes, abwechslungsreiches und vielschichtiges Buch, dass jedem Leser mit einer leichten Neigung zu maritimer Thematik und jedem der es werden möchte zu empfehlen ist.

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