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Wer wie ich George R.R. Martin eher von "Das Lied von Eis und Feuer" kennt, wird über diese Geschichte ziemlich überrascht sein. Denn statt einer massiv ausgebauten Welt mit vielen verzweigten Handlungssträngen enthält Nightflyers eine vergleichsweise komprimierte Geschichte, was bei der Kürze des Buches allerdings zu erwarten ist. So spielt fast die komplette Handlung an Bord oder zumindest in der Nähe der Nightflyer. Allerdings hat diese schon klaustrophobisch anmutende Beschränkung inmitten der Weite des Alls durchaus ihren Reiz. Schließlich lassen sich Horrorszenarien an einem isoliertn Ort besonders gut aufbauen. Was aufgrund der Kürze aber leider sehr auf der Strecke bleibt, sind die meisten Charaktere. Zwar erhält man zu Beginn einen groben Überblick, der Großteil der Besatzung erscheint aber dermaßen blass oder unsympathisch dargestellt, dass sie abgesehen von den drei Hauptcharakteren zu einem bloßen Hintergrundrauschen verkommen. Und das ist ziemlich schade, denn der psychische Faktor, mit dem die Geschichte spielen möchte, wäre so viel besser zur Geltung gekommen, wenn ich mich wirklich für die Charaktere hätte interessieren können. Auch wenn mich das, was geschieht, also nicht zu sehr getroffen hat, gefiel mir die Auflösung, warum es zu den Ereignissen kommt, umso besser. Zwar ist diese nicht absolut mind blowing, aber doch plausibel und passend. Den Überraschungseffekt erzielte eher das Geheimnis der Volcryn. Außerdem kann man "Nightflyers" positiv anrechnen, dass man eben nicht unnötig lange auf die Folter gespannt wird, sondern die Geschichte in einem Rutsch durchlesen kann, was wohl auch beabsichtigt ist, da es keinerlei Kapitel, sondern bloß Absätze gibt. Letztendlich entpuppt sich die Kürze also als ein recht zweischneidiges Schwert für George R.R. Martin. Fazit "Nightflyers" enthält eine wirklich kurze Weltall-Horrorstory, deren Beschränkung auf ein Schiff eine ganz eigene Atmosphäre schafft, gleichzeitig kommt jedoch bedingt durch den geringen Umfang beispielsweise die Darstellung der Charaktere leider zu kurz. So liest sich das Büchlein zwar schnell durch, verschenkt allerdings das Potenzial, die Leserschaft wirklich an sich zu fesseln. Dafür vergebe ich 2 ½ von 5 Sternen.