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„Ich habe es mal Raubtier-Kapitalismus genannt. Aber das ist eigentlich eine Beleidigung für die Raubtiere, die nicht 800 Zebras auf Halde legen, um das Angebot zu verknappen und die Zebras dann teuer auf den Markt zu schmeißen.“ Eine Biografie von jemanden, der solche Aussagen (über Investoren) macht? Klingt spannend und Ewald Lienens Biografie ist deutlich mehr und gehaltvoller, als manch andere Fußballer-Biografie. Lienen beschreibt sein Leben und seine Karriere von der Kindheit und der Zugehörigkeit im örtlichen Fußballverein in Ostwestfalen, über den Weg als Profi in der Bundesliga, bis hin zu seinen Erlebnissen als Trainer. Er gibt dabei kritische Einblicke in das Profi-Geschäft, beschreibt offen Begegnungen mit Menschen, die entscheidend auf seinem Weg waren und ihn geprägt haben. Dabei schildert er reflektiert, nennt Dinge und auch Personen beim Namen, ohne dabei zu denunzieren. Seine Sicht beschreibt er manchmal ernst und kritisch, dann wieder humorvoll und ironisch, sodass man ihm gerne bei den unterschiedlichen Etappen folgt. Besonders lesenswert sind seine Berichte über Stationen in Griechenland und Rumänien, wo er klar und reflektiert aufzeigt, zu welch fragwürdiger Form des Kapitalismus der Fußball mittlerweile verkommen ist. Der bezahlte Fußball hat sich längst zu einem Geschäft entwickelt, bei dem es um Geld, Macht und um Eitelkeiten der agierenden Personen geht. Nicht jeder kann an „dem Erfolg“ partizipieren und viele bleiben auf der Strecke. Die Biografie ist keine hohle „Fußballer-Doku“, sondern ein reflektierter Blick auf die Gesellschaft und auch für nicht Ballaffine Menschen durchaus lesenswert.