stefanie aus frei
Die Partei hat immer recht Dresden liegt immer noch in Trümmern, die Versorgungslage bleibt schlecht – aber nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs hat die Situation bereits fast etwas Normales in diesem heißen Sommer 1948. Kommissar Max Heller und sein Mitarbeiter Werner Oldenbusch werden kurz nacheinander zu den Fundorten von zwei Leichen gerufen. Der erste Tote ist ein Erwachsener in einem Schacht, der zweite ein erst 14jähriger Junge, dessen Tod besonders Heller sehr mitnimmt, nachdem er die Zeichen von Misshandlung gesehen hat. Der trinksüchtige aggressive Vater des Jungen scheint unberührt, die Mutter verteidigt den Ehemann noch, die Geschwister wirken eingeschüchtert bis aufsässig. Was ist hier geschehen? Unfall, Selbstmord, Mord? Doch während Heller sich bemüht, dass Albert Utmann Gerechtigkeit widerfährt, bekommt er Gegenwind aus der eigenen Familie. Sohn Klaus ist linientreu und behindert die Ermittlungen, um „der Sache willen“ – während Sohn Erwin aus dem Westen Bargeld zu Heller und desen Frau Karin schmuggelt. Auch bei diesem Fall kurz vor der Währungsreform, während es um krumme bis halbseidene Geschäfte zwischen Geldschieberei, den Konsum von Aufputschmitteln und den Betrug mit Lebensmittelmarken geht, hat mir Kommissar Max Heller erneut sehr gut gefallen. Er diente im ersten Band schon während der Nazis, jetzt im dritten unter den neuen sozialistischen Machthabern, doch sieht immer wieder Parallelen zwischen beiden Systemen, auch wenn er jetzt mit Vater Utmann einen Unbelehrbaren vor sich hat: „Was ist das für ein Volk, wo Neger und Juden Soldaten sein dürfen?“, so dieser über seine Zeit in US-Gefangenschaft. Den Fall verfolgt der Ermittler in diesem klasischen Whodunnit ohne Rücksicht darauf, bei den jeweils Mächtigen anzuecken – oder auch bei seinem Sohn oder seiner Frau, wenn er wieder die Gesundheit riskiert oder zu Unzeiten unterwegs ist. Ich liebe es, wenn Heikko Deutschmann die Bücher liest – er gibt den Pesonen und Situationen einfach überzeugend seine Stimme. Jedoch empfehle ich gerade bei dieser Hörbuchversion, sehr aufzupassen mit den dafür doch arg vielen Namen – da „Zurückblättern, das war irgendwo unten rechts“ da nicht funktioniert, habe ich einen recht großen Teil doppelt gehört, als mir ein Name schlicht fehlte. Hier taucht fast jeder noch einmal auf… Zur Auflösung bin ich etwas zwiegespalten – zuerst, beim Hören, wurde es einfach immer noch spannender, noch eine Wendung, noch eine Information, dann das Finale. Doch kurz danach kamen die Fragen zur Glaubwürdigkeit: wie realistisch ist (das muss ich jetzt geschickt umschreiben, um Spoiler zu vermeiden) eine derartige Duplizität der Eskalation (oder vereinfacht: wie wahrscheinlich ist so ein selten dämliches Verhalten gleich mehrfach)? Es erscheint mir, ehrlich gesagt, als hätte sich Autor Goldammer ein wenig in den gesponnenen Fäden verheddert, stört mich jedoch fast überhaupt nicht, da es einfach so gut geschrieben ist, man sich die Atmosphäre und die Personen so gut vorstellen kann. Außerdem ist es endlich einmal ein Band im Sommer, in dem mir nicht schon beim Lesen kalt wird. Band 4 ist schon auf meinem Smartphone. Ich möchte wissen, wie es Hellers Familie weiter ergeht. Leichte Abzüge gegenüber den Vorgängern, 4 ½ Sterne abgerundet zu 4.