Anka Willamowius
Dieses kleinformatige gebundene Bändchen ist genau richtig, um es unter dem Tannenbaum zu lesen, etwa während frau sich überlegt, welchen der zu Weihnachten geschenkten Romane sie zuerst lesen soll. Es handelt sich um eine Sammlung von Geschichten und wenigen Gedichten zum Thema Lesen und Bücher, verfasst von zumeist bekannten Autoren/innen aus diversen Jahrzehnten. Wer Bücher, Bibliotheken und Buchhandlungen mag, dem wird das Herz aufgehen bei dieser bunten Zusammenstellung, zumeist Ausschnitten aus längeren Werken. Carlos Ruiz Zafons Friedhof der vergessenen Bücher (aus „Der Schatten des Windes“) findet Platz neben dem Briefwechsel einer Buchkäuferin und ihrer Buchhandlung aus Helene Hanffs „84, Charring Cross Road“. Es finden sich jedoch auch weniger offensichtliche Auszüge, z.B. Robert Walsers verschrobener Besuch einer Buchhandlung, in der er den Verkäufer – eine Kaufabsicht vortäuschend – um „das Gediegenste und Ernsthafteste und damit selbstverständlich zugleich auch das Meistgelesene und am raschesten Anerkannte und Gekaufte“ Buch des Ladens bittet. Buchliebhaber werden das Gefühl „In Büchern zu Hause sein“ kennen, wie von Wilhelm Schmid beschrieben: „Die Bücherwand in der Wohnung lädt dazu ein, in ihrem Schutz Platz zu nehmen. Als regelrechte Fluchtburg aus der alltäglichen Enge erscheint zuweilen die öffentliche Bibliothek. Und Buchhandlungen werden zu Lebensorten, wenn sie es ermöglichen, sich in eine Ecke zu setzen und nach Herzenslust zu schmökern.“ (S. 51) Die Autorinnen und Autoren beschreiben auf ca. 150 (kleinen) Seiten in sehr unterschiedlicher Sprache das vielschichtige und doch universelle Gefühl, ohne Bücher nicht sein zu wollen und zu können, die alle Sinne ansprechende Lesefreude durch Geruch, Haptik, Aussehen und natürlich Inhalt eines Buches, das kein eBook je erreichen wird. Oder auch die an Wahnsinn grenzende Jagd auf seltene Bücher, die der Protagonist in Gustave Flauberts „Bibliomanie“ erlebt. Die Lektüre von Ernest Hemingway sei gar mit einer Sucht vergleichbar, die man kaum wieder ablegen kann, meint Hanns-Josef Ortheil nach der Lektüre von „Die Wahrheit im Morgenlicht“. Ich kann Wilhelm Schmid nur zustimmen: „Schon das bloße Denken daran (an Bücher) lässt die Welt der Möglichkeiten lebendig werden, so dass im Umfeld von Büchern die Welt reicher und vielfältiger als irgendwo sonst erscheint.“ (S. 51) Das für den Spottpreis von 5 EUR zu erwerbende Buch macht Lust auf Mehr, aufs Lesen, Eröffnen einer Buchhandlung oder einen Bibliotheksbesuch. Nur ein Lesebändchen fehlt. Nun ja, Details. Insgesamt eine klare Leseempfehlung.