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Protestantisch-bildungsbürgerlich Zwei meiner ersten Eindrücke haben sich nach der Lektüre des ganzen Büchleins bestätigt. Erstens hatte ich einen recht „biblischen“ Eindruck. Denn der Titel des Buches gemahnt doch sehr an das bekannte Jesuswort, „im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen“. Außerdem saßen Mutter und Tochter gleich zu Anfang des Buches in der Kirche, um unter der Predigt des Pastors ihre Entscheidung, das Haus zu verkaufen, zu überdenken. Zweitens hatte ich vorab den Eindruck, es handele sich weit weniger um ein wirkliches Sachbuch, einen Ratgeber, denn eine Erinnerung. Memoiren einer Kindheit, einer Generation gar. Mit beidem hatte ich also recht. Das ganze Buch, eher ein Büchlein mit seinen 189 Seiten, atmet eine protestantisch-bildungsbürgerliche Atmosphäre. Wenig überraschend, wenn man bedenkt, dass die Autorin Chefredakteurin von „chrismon“ ist, einer evangelischen Publikation, die u. a. der „Zeit“ und der „Frankfurter Allgemeinen“ beiliegt. Immer wieder wird in Beispielen und Reflexionen der Pastor herangezogen – sei es als Seelentröster für die Mutter, sei es als Anlaufstelle für Vertriebswege – Flüchtlingshilfe beispielsweise. Die Sprache des Buches ist dabei durchaus angenehm und flüssig zu lesen, dennoch… Man ahnt, an welche Zielgruppe es gerichtet ist. Nämlich die Leser oben genannter Publikationen. Der Ton ist bisweilen doch recht „salbungsvoll“. Und da die Kapitel relativ kurz und auch inhaltlich größtenteils abgeschlossen sind, liest sich jeweils ein Kapitel durchaus wie ein Leitartikel. Die Autorin kann nicht verleugnen, dass sie Chefredakteurin einer Zeitschrift ist! Auch inhaltlich hatte ich recht. Es ist ein Mittelding, eben kein reiner Ratgeber. Es ist eher eine Reflexion, eine Rückschau auf die eigene Kindheit, auf Eltern-Kind-Themen. Immer wieder werden als Vergleiche Klassentreffen herangezogen, wo die anderen Teilnehmer mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. „Wir Mädchen der 60er“ ist ein Leitmotiv. Wie die Geschichte das Leben der in den 30ern geborenen Eltern geprägt hat, ein anderes. Ein Kunstgriff der Autorin, den ich bewundere, ist die Tatsache, wie dennoch Sachbuch-Qualitäten eingeflochten werden. Wie werden heutzutage Gegenstände vertrieben, wie ist unsere Haltung zu Nachhaltigkeit, Haushalt, Möbeln, Umwelt…? Wie organisieren sich Menschen heute ihren Alltag? All diese Abschnitte fand ich spannend, und durchdacht geschildert. So habe ich zum Beispiel vom „Museum der Dinge“ noch nie gehört! Auch den Anhang finde ich gut gestaltet. Ein „ABC der Dinge“ erläutert, wie mit bestimmten Gegenständen und „Hinterlassenschaften“ von Elterngenerationen umzugehen wäre. Wohin gibt man Angelgerätschaften? Was macht man mit Dias? Allerdings fiel mir hier wieder auf, dass die Autorin an bildungsbürgerliche Haushalte zu denken scheint. Welche gesellschaftliche Schicht hat heute noch Angeln, oder Briefmarkensammlungen…? Das beigefügte Literaturverzeichnis fand ich gut, aber es macht einen „auszugsweisen“ Anschein. Die Publikationen scheinen sich alle an ähnliche Zielgruppen zu richten. Ich habe das Buch insgesamt gerne gelesen. Es las sich flüssig, und hat in vielen Bereichen meine Denkprozesse angestoßen, auch wenn ich akut im Moment nicht betroffen bin. Es ist ein Plädoyer für ein übersichtliches Leben noch zu Lebzeiten. Gut fand ich auch die „Nicht-Linearität“ des Buches. Man könnte einzelne Kapitel durchaus immer wieder, und auch in anderer Reihenfolge, erneut lesen. Das ist unterhaltsam, und lässt den Gedanken Raum. Ansatzweise stört mich eben nur der Aspekt, dass sich das Buch nur an bestimmte Schichten zu richten scheint. Daher verleihe ich in Summe vier Sterne.