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Posted on 26.3.2019

Cordt Winkler erhält mit Anfang zwanzig die erschütternde Diagnose: paranoide Schizophrenie. Schon sein Vater litt sein Leben lang darunter und nun hatte diese Krankheit auch ihn befallen. In Ich ist manchmal ein anderer schildert er seinen Weg von der ersten psychischen Episode bis heute, einem beinahe freien Leben. Rezension Was mache ich hier? Schizophren. Dieses Wort ist so negativ behaftet, dass ich mir bisher kaum Gedanken über dessen Bedeutung gemacht habe. Schizophren, das sind doch die Menschen, die völlig wahnhaft handeln. Oder nicht? Doch, auch. Aber nicht nur. Dank seiner Geschichte lernte ich Cordt Winkler kennen, einen jungen Mann, der schon früh an Schizophrenie erkrankt. Von seinem Vater kennt er die Symptome und erschreckt umso mehr, als er ähnliches bei sich feststellen muss. Er verliert in manchen Situationen komplett den Überblick, wird von wirren Gedanken befallen und tut Dinge, die er sonst womöglich nicht tun würde. Immer wenn er eine Tüdelüt-Episode (so nennt er diese Zeiten) durchlebt, wirft er zum Beispiel sein Handy weg. Er legt es auf einen Stein, auf ein Fenstersims, egal wohin, und geht davon. Auch mit Kleidung verhielt es sich schon so. Ebenso bestimmen Zwangshandlungen diese Phasen. Wenn er nicht tanzte, würde er sterben. Wenn er aufhören würde zu schreiben, würde er sterben. Einmal strandet er in Italien, läuft tagelang in größter Verwirrung durch die Straßen und steigt in Züge ein und wieder aus, bis er endlich in ein Krankenhaus kommt. Cordt Winkler beschreibt sein Leben von der Diagnose bis zum heutigen Tag, zeigt die Wege die er allein ging, und die, die er mit Freunden und Therapeuten bestritt. Er erzählt von der ständigen müde machenden Medikation und wie er sie immer wieder abzusetzen versuchte. Die Einblicke in sein Leben und die Psychosen sind tief, und es ist umso erstaunlicher an wie viel er sich rückblickend erinnern kann. Auch ist der Tonfall ein beschwingter, kein betrübter. Teilweise sehr lakonisch erinnert er sich an so manchen Zwischenfall. Es ist ein wirklich interessantes Buch, das über eine Krankheit Aufschluss gibt, wo Fachliteratur scheitert – es zeigt den Menschen dahinter. Und ich freue mich, dass er einen Weg gefunden hat, um diese Krankheit, wenn schon nicht zu besiegen, dann zumindest einzudämmen. Und dass er Freunde hat, die zu ihm halten, auch in schweren Zeiten. Fazit Fernab der Klischees, die das Wort Schizophrenie in den Köpfen der Menschen hervorruft, steckt dahinter eine hinterhältige Krankheit, die möglicherweise nicht komplett heilbar, aber doch zumindest eindämmbar ist. Und die, das sieht man an Cordt Winkler, nicht dazu führen muss, dass diese Menschen vom Leben ausgeschlossen werden.

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