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Sofie Lichtenstein

Posted on 2.2.2019

Nachdem mich 'Nachinein' extrem begeistert hat und mir von allen Seiten zurückgemeldet wurde, dass "Export A" noch besser sei, bin ich mit großen an das Buch herangegangen. Lisa Kränzlers überbordernde Prosa ist in guten Momenten ein Bilderrausch, der auf den Punkt genau seinen Gegenstand beschreibt, in weniger guten Momenten dagegen -- und das habe ich bei 'Nachinein' nicht so erlebt -- um Bedeutung und Eindringlichkeit derart bemüht, dass es mich mürbe gemacht hat. So wird mir das "to-get-fucked-up" der Hauptprotagonisten gar zu sehr überstrapaziert. Immer wieder von ihren Drogeneskapaden und damit einhergehend ihren collagenartig aneinandergereihten Triperfahrungen zu lesen, die bildsprachlich stets ähnlich anmuteten, hat mich schnell angestrengt sowie gelangweilt -- ganz davon abgesehen, dass ich inmitten vieler guter Bilder einige Metaphern auch sehr schief fand. Nicht zuletzt deshalb habe ich nach 70 Seiten für ein dreiviertel Jahr mit dem Lesen des Buches pausiert. Allerdings [AB HIER SPOILERALARM]: Das Buch gewinnt für mich dramaturgisch deutlich an Qualität, als die Hauptfigur unverhofft vergewaltigt wird und aus dem bis Dato gemeinen Coming-of-Age-Roman eine Geschichte über Trauma, Selbstjustiz und Schuld wird. An dieser Stelle halte ich auch das Abdriften in Alkoholismus und Drogenmissbrauch für wesentlich besser platziert. Natürlich gibt es da zunächst den Ausgangskonflikt 'Wildes Leben vs. Gottesehrfurcht', bei dem die angebliche Lasterhaftigkeit angemessen als Gegensatz zur religiösen Hingabe konstruiert werden muss. Es hätte dafür allerdings nicht gleich die Drogenkarte gebraucht, die ja im zweiten Teil des Romans passenderweise gespielt und hinlänglich ausgereizt wird. Ich kann mich also der positiven Besprechung insofern nicht anschließen, als behauptet wird, 'Export A' sei "Nachinein" qualitativ überlegen. Im Gegenteil: Meiner Ansicht nach ist "Nachinein" sowohl in dramaturgischer als auch sprachlicher Hinsicht ausgeklügelter, besser getimed und reifer als seine Vorgängerin. Nichtsdestotrotz -- auch wenn es sich nicht so liest -- ist 'Export A' ein empfehlenswertes Buch und weitaus besser als die meisten Debüts, die sich im Literaturbetrieb hervortun -- was zuvorderst dem guten Plottwist zu verdanken ist.

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