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rumblebee

Posted on 1.1.2019

Wahrlich kein Krimi für den Massengeschmack Fred Vargas verweigert sich auch in diesem neuesten Krimi um Kommissar Adamsberg konsequent allen Ansprüchen an Vorhersehbarkeit, stromlinienförmige Ermittlungen, und massentaugliche Erwartungen. Hier wird nicht vor Spannung an den Nägeln gekaut, hier finden keine lebensbedrohlichen Hetzjagden statt. Nein, hier werden Amseljunge gefüttert, Kohleintopfgerichte gegessen, und Schneekugeln geschüttelt. Und doch kommt am Ende ein mehr als tauglicher Krimi heraus. Oberflächlich gesehen, lässt sich die Handlung sogar handelsüblich zusammenfassen und wiedergeben. Mehrere alte Männer aus dem Süden Frankreichs sind – scheinbar – durch Spinnenbisse ums Leben gekommen. Merkwürdig nur, dass normalerweise ein einzelner Biss ebendieser Spinne nicht ausreicht, um zu töten… Adamsberg schöpft von Anfang an Verdacht. Ohne seine Vorgesetzten zu informieren, startet er eine Ermittlung, die sein Team beinahe spaltet. Man arbeitet sich kreuz und quer durch ganz Frankreich, um schließlich auf eine Jugendbande zu stoßen, die in den 40er Jahren in einem Waisenhaus ihren Anfang nahm… Ich muss zugeben, wenn ich mich in die Lage von Erstlesern versetze, dann kann ich mir schon vorstellen, dass sie an manchen Stellen vor Verzweiflung – oder Unverständnis – das Handtuch werfen. Die Handlung irrlichtert nur so vor sich hin, ist zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar. Die Dialoge scheinen wie aus einem Stück des „absurden Theaters“ entnommen. Die persönlichen Macken der Mitarbeiter Adamsbergs treiben mal wieder herrliche Blüten. Und auch etliche Zufälle spielen hier eine Rolle. Doch als alteingesessener Vargas-Fan war ich persönlich wieder einmal verzaubert. Wer Wahrscheinlichkeit und Fakten will, der soll doch Tagesschau gucken…! Mir persönlich hat die Wahl des Themas ausnehmend gut gefallen. Hier geht es einmal nicht – wie in vorherigen Bänden – um abseitige mittelalterliche Legenden (wie Vampire oder die „Wilde Jagd“), die bemüht werden. Nein, es geht um ein leider alltäglich gewordenes Phänomen. Um eine Jugendbande, die Mitschüler gequält und Mädchen vergewaltigt hat. Um lebenslange Unterdrückung à la Fritzl. Und um Rache, auch noch Jahrzehnte später. Geschickt darin eingewoben, dann doch noch ein Stück Mittelalter – aber das hier näher zu erläutern, würde zu sehr spoilern. (Allerdings kann man sich das beim Lesen des Originaltitels des Buches denken - „Quand sort la recluse“…) Auch sehr gut fand ich, dass die Gruppendynamik in der „Brigade criminelle“ diesmal auf den Kopf gestellt wird. Allerdings erschließt sich das nur alteingesessenen Lesern! Es ist diesmal nicht Adrien Danglard, der auf Adamsbergs Seite steht, und alle seine Schritte verfolgt. Es droht sogar eine Spaltung der Brigade! Hier würde ich auch einen kleinen Kritikpunkt sehen. Ich persönlich finde, das Buch lässt sich nicht so gut lesen und verstehen, wenn man die Vorgänger nicht kennt. Sonst wird man wohl von vielen Details und internen Spannungen überrollt. Der Humor war wieder einmal unnachahmlich! Ich habe an etlichen Stellen lauthals gelacht. Es wird zum Beispiel in der Brigade gerätselt, wann die alten Männer – alle heute um die 80 – wohl mit ihren Schandtaten, wie Vergewaltigung, aufgehört haben. Jemand vermutet, das müsse etwa im Alter von 65 Jahren gewesen sein. Adamsberg wirft ein, einer habe sich aber selbst im Alter von 84 noch für Potenzmittel interessiert. Antwort darauf: „Der ist aber hartnäckig!“ … Sehr schön fand ich den Abschluss. Hier geht es um eine moralische Frage, die sich Adamsberg stellen muss. Mit einem gelösten Fall ist eben nicht immer alles automatisch „gelöst“… Fred Vargas entlässt ihren Kommissar aus diesem Konflikt jedoch nur halb. Doch man lese selbst. Und noch eine winzige Anmerkung: die Art dieses Handlungsverlaufs, und ebendieses Konflikts, ist mir schon einmal bei Henning Mankell untergekommen… Insgesamt spreche ich eine sehr deutliche Leseempfehlung aus. Allerdings nur für Leser, die jegliche Erwartungshaltung an klassische Krimis fahren lassen. Die einen Sinn für das Absurde und Abseitige haben. Oder die einfach Vargas-Fans sind.

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