
sursulapitschi
Dieses Buch hätte ich fast nicht beachtet, es sieht harmlos aus, fast unscheinbar, dabei hat es ganz viel Inhalt. Wie perfekt es zum Buch passt, merkt man erst hinterher. Es spiegelt genau Thomas Flett. Tomas ist Krabbenfischer, genau wie sein Großvater, von dem er das Handwerk gelernt hat. Er fährt jeden Tag mit Pferd und Wagen ans Meer, um nach alter Tradition Krabben zu fangen, dabei gibt es in den 60er Jahren schon längst modernere Methoden. Er ist erst 20, aber gefangen in diesem Leben, das er vom Großvater geerbt hat. Auf die Idee, etwas zu ändern, ist er nie gekommen, bis plötzlich ein Filmregisseur im verschlafenen Longferry auftaucht. Die Handlung erstreckt sich über gerade mal zwei Tage. Zwei Tage im Leben von Thomas Flett, die alles verändern, obwohl objektiv betrachtet gar nicht viel passiert. Und in dieser kurzen Zeit erfahren wir tatsächlich seine ganze Lebensgeschichte. Thomas ist klug, nur bekam er nie eine Chance, etwas daraus zu machen. Er ist auch ein bisschen hin- und hergerissen, er hat doch alles, was man braucht zum Leben, sollte man mehr wollen? Dieses Buch ist pure Atmosphäre. Man sieht die Welt mit Thomas Augen. Sein Leben ist einfach, aber auch beschaulich schön. Er liebt das Meer und sieht jedes Detail seiner Umgebung. Er liebt auch sein Pferd, das keinen Namen hat, aber schon seit einer Ewigkeit ein treuer Freund ist. Ab und an gönnt er sich zu träumen. Das klingt vielleicht nicht sehr aufregend, fesselt aber maximal. Ich habe mich keine Sekunde mit diesem Buch gelangweilt, habe es aufgesogen, zwischendurch wird es sogar nervenzerfetzend spannend. Das Hörbuch liest Raschid Daniel Sidgi großartig, schlüpft federleicht in unterschiedliche Rollen und verleiht jeder Figur eine eigene Stimme. Es dauert 6 Stunden, 9 Minuten. „Der Krabbenfischer“ steht auf der Longlist The Booker Prize 2025 und hätte ihn verdient. Das Buch ist wirklich preisverdächtig.