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Drama voller seelischer Tiefe „Öffnet sich der Himmel“ von Séan Hewitt ist ein Paradebeispiel dafür, wie wichtig es im modernen Literaturbetrieb ist, auch jungen Autoren eine Stimme zu geben, denn dem Erzähler gelingt gleich mit seinem Debütroman etwas, woran etablierte und erfahrene Schriftsteller reihenweise scheitern. Fast jeder zeitgenössische Roman – selbst jene, die sich der „ernsten“ Literatur zurechnen – bedient sich der Motive von Liebe und Leidenschaft, scheitert jedoch allzu oft an Klischees und Oberflächlichkeiten. Ganz anders Hewitts Roman „Öffnet sich der Himmel“, der von James handelt, einem sensiblen Jugendlichen, der in einem entscheidenden Sommer seines Lebens Gefühle für seinen Freund Luke entwickelt – Gefühle, die nicht erwidert werden. Was zunächst wie eine klassische Coming-of-Age-Geschichte anmutet, entfaltet sich zu einem stillen Drama voller seelischer Tiefe. Hewitt gelingt es mit beachtlicher Leichtigkeit, James’ innere Welt zu erschließen – ein Gefühlsraum, so vielschichtig und intensiv, dass es den Jungen beinahe zu verschlingen droht, und man als Leser regelrecht mitgerissen wird. James’ Begehren, seine Verletzlichkeit, seine Verlorenheit: all das wird in klarer, unaufgeregter Sprache erfahrbar. Die Beziehung zwischen James und Luke ist brillant erzählt – voller Spannung, Annäherung und Distanz zugleich. Dabei bleibt immer spürbar, wie unterschiedlich beide Jungen ihre Verbindung erleben und was sie jeweils zu verlieren haben. Besonders überzeugend ist Hewitts Gespür für Nuancen: James’ Blick auf das Dorf, auf seine Mitschüler, auf seine Eltern – alles ist von feinen Beobachtungen durchzogen, die sich nach und nach entfalten wie die Aromen eines guten irischen Whiskys. Und obwohl Hewitt stilistisch auf hohem Niveau schreibt, verliert er sich nie in sprachlicher Eitelkeit. Stattdessen bleibt er nahe bei James, bei dessen Erfahrungen und Erschütterungen. In einem Jahr, in dem viele Liebesgeschichten wieder einmal belanglos und vorhersehbar daherkamen, ist „Öffnet sich der Himmel“ ein echter Höhepunkt. Vor allem im Jugendbuchbereich gehört dieser Roman zu den besten Veröffentlichungen der letzten Jahre – emphatisch, feinfühlig und absolut lesenswert.