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marieause

Posted on 3.8.2025

Das Buch spielt mit der "was wäre wenn-Frage". Oder "Hätte, hätte, Fahrradkette". In dem konkreten Fall: was wäre passiert, wenn ich mich damals nicht getrennt hätte? Wäre mein Leben besser, wäre ich bei meiner ersten großen Liebe geblieben? Spannend! Es geht um Antonia bzw. Toni. Die Autorin hat das gut gelöst, den Perspektivenwechsel erkennt man immer sofort, weil die Person, um die es geht, einmal Antonia heißt und einmal Toni genannt wird. Der Name steht über jedem Kapitel, es wird abwechselnd erzählt. Einmal ist es Toni, mit starkem unerfülltem Kinderwunsch. Sie lebt mit ihrem Partner zusammen in der Stadt. Und dann gibt es Antonia, die aus dem "Toni-Leben" urplötzlich herauskatapultiert wird und als Antonia auf dem Dorf im Eigenheim mit ihrer ersten großen Liebe und als Mutter eines kleinen Babys erwacht. Mit dem vollen Bewusstsein, dass sie bis gerade eben doch ein völlig anderes Leben hatte. Das macht es noch mal besonders - weil es eben nicht zwei völlig voneinander getrennt verlaufende Entwicklungen betrachtet und dadurch noch eine besondere Tragik mit hineinfließt. Die Person kennt ihr vorheriges Leben und es ist keine Spekulation, wie es hätte verlaufen können. Die Sichtweisen im jeweiligen Leben von Antonia und Toni waren völlig nachvollziehbar - beide Lebensentwürfe haben schöne Momente, sind aber überwiegend von einer Traurigkeit, Unglücklichkeit und Hadern geprägt. Es ist kein Gute-Laune-Buch und hat auch echt harte Momente, insbesondere im Leben der jungen Mutter. Es wird ungeschönt dargestellt, was es mit einer Frau macht oder machen kann, wenn das Leben so dermaßen anders ist als vor der Geburt eines Kindes. Das fand ich richtig gut erzählt. Eigentlich beschreibt es der Klappentext sehr gut, es geht um den "Horror von gewollter und ungewollter Mutterschaft .... das große Glück mit Kind, aber auch: ohne Kind zu leben." Oder auch: Ein Kind oder kein Kind zu haben ist kein Schlüssel zum Glück. Ich habe die Hörspielvariante gehört. Diese ist ungekürzt und dauert 6:19 Stunden und wurde von Chantal Busse wunderbar eingelesen. Ich mochte sowohl ihre Stimme als auch ihre Verkörperung der zwei Charaktere. Ich hatte auch keinerlei Zuordnungsprobleme, es war immer klar, ob es nun um "Toni" oder "Antonia" ging. Sehr lesenswert bzw. hörenswert!

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