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rumblebee

Posted on 19.12.2018

Kennt ihr das Gefühl, nach der Lektüre eines Buches erstmal kein anderes mehr lesen zu wollen, weil man Angst hat, sich den schönen Eindruck zu verderben? Genauso geht es mir mit "Corellis Mandoline"! Ich kam über etliche Jahre hinweg und über Umwege zu diesem Buch. Schon vor langer Zeit hatte ich davon gehört, hatte dann günstig eine englische Fassung in die Finger bekommen, war aber von der Kriegsthematik abgeschreckt (ich dachte vorher, es wäre eine Komödie). Und dann höre ich eines Tages einen Literatur-Podcast, in dem das Buch enthusiastisch besprochen wird - und wie durch Zauberhand entdecke ich es dann noch günstig auf Deutsch auf einem Flohmarkt! Na, wenn das mal keine guten Gründe waren, es endlich zu lesen...! Ich bin nicht enttäuscht worden, und verabschiede mich gewissermaßen nur ungern von dem Buch. Es ist mir ans Herz gewachsen, was mich bei der eigentlich ernsten Thematik ziemlich erstaunt. Doch der Autor bringt ein Kunststück zuwege, das nur wenigen Autoren gelingt: er vermengt Geschichte und Geschichtchen, Humor und Hilflosigkeit, Liebe und Leiden auf so gekonnte Weise, dass man als Leser gar nicht merkt, wie viel man beim Lesen dieses Buches an Hintergrund "mitnimmt", obwohl man doch eigentlich nur einen Roman liest... Ich mag es nicht sonderlich, in Rezensionen Inhalte wiederzukäuen. Ohnehin denke ich, dass sich das, gerade bei so bekannten Werken, leicht anderswo nachlesen lässt. Vielleicht genügen hier ein paar Stichworte: die Geschichte der Besetzung der griechischen Insel Kephallonia im zweiten Weltkrieg, sowohl durch Italiener als auch Deutsche, wird gekonnt verquickt mit der Schilderung des Dorflebens der Bewohner einerseits, und der Liebesgeschichte zwischen Pelagia, der Tochter des Arztes, und dem italienischen Hauptmann Corelli. Der Roman spannt seinen Zeitbogen dabei über mehrere Jahrzehnte, wobei aber der Hauptakzent auf der tatsächlichen Kriegszeit in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts liegt. Ich möchte lieber noch genauer ausführen, was mich an diesem Buch so fasziniert hat. Das ist einerseits die formale Gestaltung. Ohne euch jetzt mit Fachbegriffen langweilen zu wollen, kann man ohne Zweifel sagen, dass das Buch formell höchst originell geschrieben ist (vermutlich würde es der literarischen Postmoderne zugeordnet werden, aber das nur am Rande). Denn es erzählt seine Geschichte auf ganz unterschiedliche Weise, mit einem ganzen Arsenal an Erzähltechniken. Einerseits haben wir Schilderungen des Arztes Dr. Iannis; dann wieder Kapitel aus der Sicht von Pelagia oder Corelli; wir haben Tagebücher des Soldaten Carlo; es gibt sogar einen wütenden Monolog Mussolinis!; es gibt Briefe, Betrachtungen, und sogar, mir persönlich ganz unvergesslich, ein Kapitel, das abwechselnd von Pelagia auf dem Klo (!) und ihrem ersten Verlobten Mandras beim Schwimmen im Meer erzählt wird. Sicher habe ich noch vieles vergessen. Schon allein diese erzählerische Vielfalt sorgt dafür, dass dem Leser keine Sekunde langweilig ist. Zweitens gilt meine große Bewunderung der Sprache und Erzählweise. Zwar sind die geschichtlichen Fakten gut recherchiert, und die Details sind realistisch beschrieben. Aaaaber, und hierin liegt da große Plus des Buches, es gibt noch viel mehr Stellen, an denen man herzhaft lachen kann! Die Schilderung des Dorflebens vor der Invasion der Italiener beispielsweise hat mich streckenweise an "Asterix" erinnert, mit vielen "running gags" wie den beiden Männern Stamatis und Kokolios, die eine art ewige politische Fehde miteinander austragen. Einfach nur köstlich! Und die Anekdoten aus dem Berufsalltag des Arztes, die sind alleine schon einen Band mit humorvollen Kurzgeschichten wert. Und ich habe sogar über Mussolinis Tirade gelacht - was, wie ich glaube, vom Autor durchaus beabsichtigt war... Ich mag das alles gar nicht einzeln aufzählen, aber das Buch atmet sozusagen lauter liebevolle Details und Kleinigkeiten, die beim Lesen hohen Wiedererkennungswert haben und enorme Sympathien für die handelnden Figuren wecken. Und erst das Ende...! Ich werde nichts verraten, nein. Aber es ist eine ganz gekonnte Mischung, eine Zwischenlösung zwischen Tragik und Happy End. Mehr sage ich nicht. Nur soviel: Lest selbst!! *** Mein Fazit lautet: Selten ist es mir passiert, dass ich eine Geschichtslektion mit so großem Unterhaltungswert gelesen habe. So etwas sollte man in der Schule lesen, und nicht troc kene Daten über den Zweiten Weltkrieg! Erst an (Einzel)Schicksalen wird Schicksal messbar. Und die Liebesgeschichte braucht so gut wie keinen Vergleich zu scheuen - für mich unvergleichlicher und lebendiger noch als "Titanic", und das will etwas heißen! Dies ist ein Buch, das genossen werden will - und danach lange im Gedächtnis bleibt.

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