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marcello

Posted on 29.7.2025

Ich habe selten ein Marketing für ein Buch so früh starten sehen. Aber „Himmelerdenblau“ habe ich schon so oft wahrgenommen, schon so viel dazu gelesen, aber das Beste war auf jeden Fall das, was Autorin Romy Hausmann selbst zu diesem Buch geteilt hat. Was war ihre Motivation, was will sie damit aussagen und was hofft sie, dass es bei uns als Lesern auslöst. Für mich war es jetzt das erste Hausmann-Buch. Ich habe nur die Netflix-Adaption von „Liebes Kind“ gesehen und fand die echt toll, weswegen es für mich jetzt einfach an der Zeit war, auch mal selbst etwas von ihr zu lesen. Denn bei Serien kommt zwar die Geschichte durch, aber die Autorenstimme kennt man dann noch lange nicht. Auch wenn ich noch das Vorwort las, in dem es viel darum geht, warum Theo Novak dement ist, war der Einstieg in das Buch dann doch extrem schwierig für mich. Ich will zwar den Hut ziehen, dass Hausmann sich so extrem bemüht hat, die Erkrankung von Theo in seinen Kapiteln zu integrieren, aber um in etwas hereinzukommen, komplex und schwierig. Auch wenn die Perspektive dann irgendwann wechselt, aber in der Gesamtsumme war es schwierig für mich zu sortieren, welche Figuren haben wir, wer hängt mit wem zusammen, wie ist die jeweilige Lebensrealität? Es waren viele Fragen, aber erstmal zu wenig Antworten. Ich hatte zuvor schon einige begeisterte Stimmen gelesen und dachte mir nach 50 Seiten, dass ich mich jetzt echt etwas zwingen muss, dass ich für die Antworten dran bleibe. Tatsächlich hat sich das gelohnt, denn irgendwann ist der Sog entstanden, den ich mir erhofft habe. Ich konnte inzwischen die Perspektive von Theo viel besser einschätzen, diese Mischung aus klaren und verwirrten Momenten, auch wie es sprachlich gelöst wurde, um das besser einschätzen zu können. Ich habe auch Liv und Daniel als Perspektiven immer besser verstehen können. Daniel ist dazu da, uns durchgängig zu verwirren, Liv ist dann im Gegensatz dazu diejenige, die uns ein wenig durch das Geschehen leitet. Auch Theo hat ein Interesse an einer Antwort, aber er ist natürlich wesentlich unzuverlässiger und mehr von Instinkten getrieben. Mir hat aber auch bei Liv extrem gut gefallen, dass sie eigentlich eine sehr verunsicherte Figur ist, die ein Talent in sich hat, das großartig ist, aber sie macht dennoch Fehler. Aber gerade weil sie als Podcasterin nicht in etwas festgefahren ist, stößt sie auch zufällig auf Theorien, einfach weil ihr Geist in alle Richtungen wandern kann. Ich konnte das Trio aus den drei Charakteren also immer mehr wertschätzen, weil jede Perspektive entscheidend etwas beigetragen hat. Ich würde dennoch gewisse Längen ansprechen wollen. Gerade die Podcast-Sequenzen zwischen Liv und Phil fand ich stellenweise zu lang. Ich habe erst gedacht, dass darin schon Antworten verborgen sind, aber im Endeffekt hatte ich eher den Eindruck, dass es Hausmann als True Crime-Fan Spaß gemacht hat, echte Fälle einzuarbeiten. Ich war dadurch aber verführt, diese Stellen zu überspringen. Das habe ich nicht gemacht, aber es ist kein gutes Zeichen, das zu wollen. Zumal wir durch die gescripten Sequenzen auch nichts über die Beziehung von Phil und Liv erfahren haben. Das ist so mein Kritikpunkt, dass es kleine Bremsklötze zwischendurch gab. Aber ansonsten bin ich durchweg positiv. Denn ich fand die Figurentiefe jeweils top, ich mochte das Psychologische und wie dann immer mehr die Spannung zunimmt. Gerade am Ende greift alles so geschickt ineinander und doch wurde jede Theorie von mir immer wieder neu pulverisiert. Es gab echte Hammer in der Handlung, es gab immer noch eine Wendung. So war es bis zum allerletzten Wort echt gut gemacht. Es ist auf eine Art ein offenes Ende. Es ist auch nicht wirklich ein optimistisches Ende, es ist eher mitten aus dem Leben und das fand ich am Ende als Botschaft echt stark. Insgesamt fand ich die finale Lösung gut. Es gab zwar Nebenschauplätze, weil es echt viele Tote gab, bei denen ich mich dann noch gefragt habe, haben wir jetzt die finale Antwort eigentlich erhalten? Aber ich denke ja, denn Hausmann brauchte es zur Verwirrung, aber manche Dinge sind exakt so, wie sie scheinen, nicht mehr und nicht weniger. Fazit: Auch wenn es kompliziert angefangen hat, aber es war ein echtes Erlebnis, mein erstes Romy Hausmann-Buch jetzt mal gelesen zu haben. Durch die Netflix-Serie „Liebes Kind“ wusste ich ungefähr, wie sie schreibt und ich habe sie in „Himmelerdenblau“ auf jeden Fall wiedererkannt. Extrem spannend, extrem viel Liebe in der Figurengestaltung, viel Cleveres, viel Nachdenkliches, auch Längen, ja, aber unterm Strich eine große Empfehlung und sie habe ich nun fest auf dem Schirm.

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