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buchstabenpoesie

Posted on 28.7.2025

Julia Kröhns historischer Roman "Das Lied der Rose" entführt seine Leser:innen in eine eindrucksvoll recherchierte Welt des Mittelalters – mit all ihren politischen Intrigen, persönlichen Schicksalen zwischen Macht und Liebe. Dennoch hat mich das Buch trotz dieser vielversprechenden Voraussetzungen nicht vollständig überzeugen können. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir ausgesprochen schwer. Das lag vor allem an der Vielzahl der Figuren und der ständigen Ortswechsel, die mich zu Beginn regelrecht überfordert haben. Zwar enthält das Buch hilfreiche Orientierungshilfen wie eine Landkarte und ein Personenverzeichnis, doch selbst mit diesen konnte ich mich nur mühsam in der mittelalterlichen Welt zurechtfinden. Viele Schauplätze werden in einem Atemzug genannt, die Figuren treten fast im Minutentakt auf oder werden genannt – das erschwert es, eine emotionale Bindung zu den Charakteren aufzubauen. So blieben viele von ihnen für mich eher schemenhaft und austauschbar. Besonders schade fand ich, dass im Erzählfluss teilweise untergeht, dass viele der dargestellten Figuren historisch real oder zumindest angelehnt an echte Persönlichkeiten sind. Auch das Thema Kirche – das ich mir als prägender Bestandteil dieser Zeit zentraler gewünscht hätte – bleibt eher im Hintergrund. Erst ab etwa der Hälfte des Buches begann sich für mich eine gewisse Spannung zu entwickeln. Zu diesem Zeitpunkt hat mich die Handlung endlich richtig gepackt. Insbesondere die Handlung um Sahar und Marian habe ich überaus gerne verfolgt. Auch die Figuren Akiba und Adémar fand ich äußerst gelungen und hätte gerne noch mehr über sie erfahren. Philippa war ebenfalls interessant, doch mit ihrem Ehemann Guillaume wurde ich überhaupt nicht warm. Die Passagen aus seiner Perspektive empfand ich als zäh und wenig fesselnd, was meinen Lesefluss deutlich gebremst hat. Gegen Ende ebbt die Spannung leider wieder ab – subtil und ruhig, aber mir persönlich zu zurückhaltend, gerade nach dem mühsamen Beginn. Was ich allerdings noch hervorheben möchte, ist das sprachliche Können von Julia Kröhn. Ihr Schreibstil ist eindrucksvoll, atmosphärisch und trägt die Geschichte trotz aller Längen. Es ist offensichtlich, wie viel Recherche und Arbeit in diesen rund 700 Seiten steckt. Dennoch bleibt bei mir das Gefühl zurück, dass "Das Lied der Rose" mit mehr Straffung und Fokus auf weniger Figuren deutlich stärker hätte sein können - wobei dann jedoch die komplexe Handlung auf der Strecke geblieben wäre und damit der historische Schwerpunkt. Ich habe bereits andere Werke der Autorin gelesen, die mich weitaus mehr überzeugt haben – kürzer, spannender, dichter erzählt. Dieses Buch ist voller Potential, konnte mich jedoch über weite Strecken nicht wirklich mitreißen. Deshalb vergebe ich drei Sterne und möchte aber nochmal den Stil und auch die Arbeit hinter dem Roman anerkennen, dennoch meinen ehrlichen Eindruck mitgeben, dass dies nicht Kröhns stärkstes Werk ist.

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