
Buchdoktor
Katie Kitamuras namenlose Icherzählerin trifft sich auf dessen Wunsch mit ihrem Schauspieler-Kollegen Xavier, der halb so alt ist wie sie selbst. Bereits beim Platzieren im Restaurant demonstriert die Frau ihren Status durch Alter, Kleidung und Schmuck, anderen Menschen unterstellt sie abschätzige Blicke aufgrund des großen Altersabstands. Ihr Altern und damit das absehbare Karriere-Ende werden weiterhin Thema sein. Dass ihr Mann Tomas im Restaurant auftaucht und es schnell wieder verlässt, verwundert zunächst. Die Überzeugung Xaviers, er müsse ihr Sohn sein, befremdet die Erzählerin, sie kann jedoch nachvollziehen, wie es zu seiner Annahme kommen konnte. Ohne zu spoilern sei hier nur gesagt, dass beide sich nach dieser Szene ausmalen können, wie Sprache neue Identitäten entstehen lassen kann. In einem zweiten Textteil zieht Xavier auf seinen dringenden Wunsch zu Tomas und der Erzählerin in ihre New Yorker Wohnung, ein Zusammentreffen, das sich zur Groteske entwickeln wird. Fazit Sprachlich fand ich das folgenreiche Treffen zweier Schauspielerkollegen sehr ansprechend, obwohl die Erzählerin im ersten Teil höchst unsympathisch wirkte, indem sie voraussetzt, dass ihr Publikum sie selbst, Xavier und weitere Personen in ihrem Berufszusammenhang bereits kennt. Das Warten auf die Fakten hat mir zu lange gedauert; die Sympathie für die Erzählstimme hat zudem darunter gelitten, dass sie nicht konsequent in der Ichperspektive bleibt, sondern die vermutete Wirkung durch ihr Äußeres nennt. Da die drei Personen aus der ersten Hälfte des Romans im zweiten Teil wieder auftauchen, habe ich den Text als zusammengehörend interpretiert; das kann man durchaus anders sehen. Diese Variante bietet psychologisch interessante Interpretationsmöglichkeiten, welcher Art die Beziehung zwischen den drei Figuren sein könnte und welche Rolle dabei eine (wie ich finde) typisch amerikanische Art der Kommunikation spielt.