Sagota
Jede Menge Zündstoff im Sommerhaus.... kann man im Roman von Kristina Pfister "Nach dem Sommerregen" finden. Verlegt wurde er im S. Fischer-Verlag, Frankfurt, 2025 (TB, brosch., 349 Seiten). Marika ist von Berlin aus auf dem Weg in den Süden, zur Familie und ins Sommerhaus: Die drei erwachsenen Geschwister Cecilia (die Älteste und stets Verantwortungsbewussteste), Jonas (Sandwichkind, Lehrer wie Vater Walter und etwas lethargisch, passiv, der während des Romans dann doch plötzlich weiß, wo er hin will) und Marika, die Jüngste, der stets wenig zugetraut wurde und die deshalb (vielleicht) am weitesten wegzog, um sich in Berlin eine Existenz mittels eines Second-Hand-Shops aufzubauen. Alle drei haben wenig miteinander zu tun und sprechen kaum miteinander, ausser wenn sie sich im Sommerhaus der Familie treffen, wo sie viele Sommer ihrer Kindheit verbracht haben. Die Eltern, Walter und Marianne, haben sich ebenso wie Sohn Jonas von ihren Ehepartnern entfernt, sich auseinandergelebt. Marianne, die hier als 'stark und bezaubernd' beschrieben wird, ist für mich kaum sichtbar und bleibt auch bis zur letzten Seite nicht sehr deutlich zu erkennen (und eher unsympathisch). Walter scheint ein Familienmensch zu sein, auch wenn er ansonsten "am liebsten seine Ruhe hat" und sich auch so verhält (er verschwindet, wenn ihm eine Situation zu viel wird), freut er sich doch sehr, seine "Kinder" um sich zu haben, wenn sich alle im Sommer treffen und er seinen 70. Geburtstag feiert. Diesen vorzubereiten, macht sich Cecilia (wie bei allem in ihrem Leben) den meisten Stress; Jonas hingegen ist völlig entspannt, rührt kaum einen Finger (ausser wenn es um die hübsche Nachbarin Billy geht, deren Sohn im Sommerhaus hilft, um sich etwas dazuzuverdienen) und Marianne glänzt erstmals durch Abwesenheit: Ihre Freundin Doro, die mit Dirk verheiratet ist, liegt im Hospiz im Sterben. Dass hier etwas schief liegt, ist erkennbar, als besagter Dirk auftaucht und ihn Walter recht erbost auffordert, zu gehen. Was für ein alter Konflikt ist hier die Wurzel dieses Verhaltens - und was hat Marianne damit zu tun, die er eigentlich sprechen will? Meine Meinung Ich hatte andere Erwartungen an diesen Roman, der mich leider nicht überzeugen konnte: Die Figuren ließen kaum eine wirkliche Annäherung des Lesers zu, die Dialoge (z.B. zum Thema Geschwister) blieben oberflächlich, sprachlich platt und ohne Tiefe. So liest man von den Vorbereitungen des Geburtstagsfests, von schwelendem Ärger unter der Oberfläche, von Eheproblemen und Trennungen, von Männern, die aus dem Haus geworfen werden (um sich im Sommerhaus wiederzutreffen); von einem abgefackelten Baumhaus, von einem Speed-Dating für Senioren, von Entscheidungen für oder gegen ein Kind (wobei man erstaunt ist, dass es nicht durch einen 'Ausrutscher' zu einer Fehlgeburt kam) und von drei Geschwistern, die völlig unterschiedlich sind und die dennoch ihre wertvollsten Erinnerungsstücke beim Ausmisten des Sommerhauses gemeinsam vergraben. Es gehört Marianne, die "damit tun kann, was sie will und ihren Kindern nichts schuldig ist", wie sie im Roman sagt: Die erwachsene Cecilia, Jonas und Marika dürfen zwar zum Ausmisten kommen, Entscheidungen, was mit dem Haus voller Erinnerungen passiert, kommen jedoch nur der Mutter zu. Dies fand ich etwas befremdlich (gelinde gesagt) und freute mich dann für die Geschwister, dass 'jemand' dann doch noch eine Lösung fand.... Vieles bleibt auch nach dem Ende des Romans für mich im Dunkeln, auch die rückblickenden Einschübe fand ich nicht sehr erhellend. Vermutlich sollten sie für Spannung sorgen, doch bei mir haben sie eher das Gegenteil bewirkt. Zu viel war vorhersehbar und einige meiner Vorahnungen bestätigten sich leider; zudem konnte ich weder Spannung noch Humor erkennen. Manches war sehr überspitzt dargestellt: Ich kann mir z.B. kaum vorstellen, dass ein Mensch über zwei Jahre lediglich 3 Stunden schlafen kann, ohne mehr als einen burnout zu erleiden; vor allem mit einem Kleinkind wie Oskar, vieles erschien mir hingegen immer wieder fragmentarisch und die intensivere Ausleuchtung der Figuren fehlte. Themen dieses Romans sind Überforderungen im Alltag (besonders von Müttern), Geschwisterrivalitäten und -rollen, Familiengeheimnisse bzw. fehlende Offenheit, Trennungen und Neuanfänge. Besonders glänzte in letzterer Rolle Marianne, die Mutter, die alle Fenster aufreißt und das Bedürfnis hat, "mal ordentlich durchzulüften" - was man bestenfalls mit der Klärung von Beziehungen gleichsetzen kann. Eine Empfehlung kann ich hier nicht aussprechen und vergebe 2,5 *