
marcello
Nachdem ich gerade erst „Just for the Summer“ von Abby Jimenez beendet hatte, kam „Say You’ll Remember Me“ da genau richtig. Die Bücher sind inhaltlich immer thematisch anspruchsvoll, aber sie haben auch so ein wohliges Gefühl. Es ist echt immer eine sehr angenehme Mischung. Im neuesten Streich haben wir nun die Prämisse, dass mit Xavier und Sam zwei Menschen in Minnesota (selber Standort wie bei den anderen Reihen, daher kleine Easter Eggs) aufeinandertreffen und es ist scheinbar perfekt, doch das Leben spielt absolut gegen sie. Ich war da doch sehr gespannt, wie das inhaltlich umgesetzt wird und muss sagen, dass ich mal wieder überzeugt wurde. Ich fand zwar „Just for the summer“ im direkten Vergleich emotionaler, aber beide Figuren waren für sich wieder großartig ausgearbeitet und die gemeinsamen Momente sind echt großartig. Jimenez überzeugt weiter mit tollen Bookboyfriends und die ernsteren Themen gehen ihr auch nicht aus. Die Emotionalität wurde hier vielleicht etwas ausgebremst, weil die beiden Figuren auch sehr für sich selbst stehen müssen. Das passt zur Handlung, zur Botschaft, aber weil es sich für beide immer mehr stapelte, habe ich manchmal gedacht, jetzt hätte ich gerne mal wieder einen unbeschwerten Paarmoment. Aber das ist wie gesagt Meckern auf hohem Niveau. Kommen wir zu den jeweiligen Figuren. Xavier lernen wir als eher miesepetrig kennen, aber mögliche Vorbehalte deswegen halten nicht lange an. Warum man viele Menschen nicht leiden kann, das wurde gleich mit dem ersten Tierfall in seiner Praxis belegt und mir geht es oft genau so. Gegenüber allen sich offen und fröhlich zu zeigen, wenn es einfach nicht möglich ist, nein, das muss nicht. Aber Xavier hat ein großes Herz, das zeigt sein Umgang mit Tieren, das zeigt sein konstanter Freundeskreis und das zeigt sein Umgang mit Sam. Die erste Begegnung der beiden war schon urkomisch und lief wahrlich nicht nach Lehrbuch ab. Umso passender war es aber, dass beide wussten, dass da mehr zwischen ihnen ist. Genau diese Kennenlernmomente von Jimenez‘ Figuren ist auch, was gewisse Erwartungen schürt. Denn es ist immer zum Lachen und Schwärmen und das ging dieser Geschichte hinten raus immer mal verloren, das wird mir gerade nochmal richtig bewusst. Aber bleiben wir kurz nochmal bei Xavier, der eine wirklich schreckliche Vergangenheit hat, was mein Herz noch weiter geöffnet hat. Das Verhalten der Eltern, seine Gefühle und Motivation deswegen, das wurde sehr überzeugend rübergebracht. Sams Familie ist nochmal prominenter ins Geschehen eingebunden, weil es ein ganz eigener großer Handlungsbogen ist, der entscheidend mitprägt, warum die Hälfte der Erzählung in Kalifornien spielt. Die Demenz-Erkrankung von Sams Mutter wurde sehr ausführlich dargestellt und das in all seinen Schrecken, aber auch den kleinen Highlights, die immer noch entstehen können. Am überzeugendsten waren für mich aber die stetigen Diskussionen, wie man die Pflege handhabt. Es ging viel um Würde, es ging um Überlastung, es ging um Schuldgefühle und vieles mehr. Ich musste es selbst glücklicherweise noch nicht erleben, aber immer wenn mir das Thema fiktional oder aus Erzählungen von Betroffenen begegnet, macht es demütig und traurig, aber es ist wichtig, sich schon Gedanken zu machen und sich damit zu beschäftigen und da hat Jimenez ganz tolle Arbeit geleistet, weil sie sehr realitätsnah vieles gezeigt hat. Den Schrecken konnte sie nicht nehmen, das war aber nicht Aufgabe, aber er schafft Verständnis, auch weil so viele Perspektiven darauf besprochen wurden. Man merkt schon, Sams Familie auf der einen Seite und das Geschehen in der Tierarztpraxis auf der anderen Seite, das waren sehr separierte Welten, aber vor allem Xavier ist immer mehr in ihre eingedrungen und es war toll, wie er sich integrieren konnte. Das hat die beiden als Paar nochmal stärker gemacht, aber es hat den Schmerz zwischendurch auch erhöht. Das waren dann oft Passagen mit viel Wehmut, aber sie waren sich immerhin immer einig, dass ohne einander noch viel schlimmer wäre. Ich habe mich auch die ganze Zeit gefragt, wie das Happyend wohl aussehen kann, weil es Möglichkeiten gab, aber doch auch immer Hindernisse. Letztlich bekommen wir aber wirklich ein schönes Ende, genau auf den Punkt. Fazit: „Say You’ll Remember Me“ habe ich jetzt wirklich sehr nah an „Just for the Summer“ gelesen. Im direkten Vergleich gibt es in der Emotionalität etwas Abstriche, aber ansonsten habe ich wieder eine Lektüre zum richtigen Mitfiebern bekommen. Wieder so wichtige Themen, wieder Humor, wieder genau die Jimenez-Mischung, die man sich erhofft, wenn bei ihren Büchern zugreift.