
Buchdoktor
Wenn Lisa im Hotel ihres Vaters Carl gebraucht wird, ist sie stets zur Stelle, obwohl sie im eigenen Beruf arbeitet und durch ihre pflegebedürftige Mutter und Carls ebenfalls im Hotel arbeitende Lebensgefährtin Margret das Haus Scherf eine Menge Fingerspitzengefühl von ihr fordert. Als im längst aus der Mode gekommenen »Zum alten Forsthaus« die Heizung ausfällt, muss das Haus kurzfristig geschlossen werden. Zurück bleibt als Gast Daniela Arnold, die darauf besteht, unter allen Umständen zu bleiben. Mit ihrem wenig glaubwürdigen Lebenslauf und ohne Gepäck brachte die lästige Fremde mich auf die eine oder andere absurde Idee, was sie damit bezwecken könnte. Da man Menschen mit Erfahrung in der Gastronomie kaum etwas vormachen kann, hoffte ich, sie würde sich wohl kaum ins Leben der Familie einnisten. Doch Daniela macht sich unentbehrlich, sticht mitten in den ungeklärten Nachfolgekonflikt für das Hotel – und nistet sich nicht allein in die Beziehung zwischen Carl und Margret ein. Lisas Bruder hat längst abgelehnt und ihr Mann ist schon lange genervt von Carls Anspruchshaltung. Da Carl offiziell mit Rose verheiratet ist, fragt man sich, wie Margret sozial abgesichert ist und wo das Geld bleibt, dass der Patriarch seiner Gefährtin und seiner Tochter nicht zahlt – oder nicht zahlen kann. Carl ist offenbar längst überfordert mit dem Hotelbetrieb; beide Frauen wirken überzeugt, dass es ohne sie nicht geht. Dass Lisas Mann Simon, von Beruf Förster, sich in letzter Zeit beobachtet fühlt und unerwartet dünnhäutig wirkt, schafft zusammen mit Danielas Dreistigkeit eine zunehmend düstere Atmosphäre, die mich förmlich in den Roman hineingezogen hat. Erzählt wird mit wechselndem Focus auf die fünf Hauptpersonen. Fazit Vor der Folie eines Familienbetriebs in der Krise und Simons Ideal eines gesunden Mischwaldes baut Kristina Hauff das groteske Psychogramm krankhafter Beziehungen auf, zu denen stets mehr als eine Person gehört … eine verstörende, absolut spannende Lektüre.