Profilbild von buchstabenpoesie

buchstabenpoesie

Posted on 28.6.2025

Ich habe mich wirklich sehr auf „Strandgut" gefreut. Als Leserin, die schon seit einer ganzen Weile immer wieder um "Offene See" herumgeschlichen ist, war meine Vorfreude auf dieses neue Buch von Benjamin Myers groß – zumal ich so viel Gutes über seinen Schreibstil gehört hatte. Und tatsächlich: Die ersten Seiten haben mich sofort gepackt. Die Sprache ist feinfühlig, atmosphärisch dicht und voller Bedeutung. Es war genau diese Art von Stil, die mich in Büchern berührt – ruhig, poetisch, tief. Aber je weiter ich gelesen habe, desto mehr habe ich gemerkt, dass sich diese sprachliche Kraft für mich leider nicht auf die Handlung übertragen hat. Der Inhalt zog sich für mein Empfinden sehr zäh dahin. Es fehlte mir an emotionaler Tiefe und echter Verbindung zu den Figuren. In manchen Momenten konnte ich zwar stark mit Bucky Bronco mitfühlen – besonders, wenn es um seine von der Vergangenheit beschwerte Seele ging. Diese Szenen waren eindringlich und haben mich berührt. Doch insgesamt konnte ich zu ihm keine echte Beziehung aufbauen. Er blieb mir fremd, fast wie hinter einer Glasscheibe. Auch mit Dinah bin ich nicht richtig warm geworden. Ihr familiärer Hintergrund – die Rücksichtslosigkeit ihres Umfelds und das Ausharren in einer lieblosen Beziehung – hat mich mehr abgestoßen als mitfühlen lassen. Ich weiß, dass es solche Lebensrealitäten gibt, und finde es grundsätzlich gut, dass sie literarisch sichtbar gemacht werden. Aber die Darstellung dieser Beziehung war für mich schwer auszuhalten und hat mich eher abgestoßen als bewegt. Die Annäherung zwischen Dinah und Bucky wirkte auf mich leider nicht so authentisch und emotional, wie ich es mir gewünscht hätte. Die poetischen, oft bildhaften inneren Monologe von Bucky haben mir sprachlich gefallen – aber sie haben mich nicht so sehr erreicht, wie ich gehofft hatte. Ich war oft außen vor, statt wirklich mitzuschwimmen im Fluss der Geschichte. Was ich allerdings sehr positiv hervorheben möchte: Die Gestaltung des Buches ist wunderschön und optisch wirklich gelungen. Das Cover, das Papier, das Gesamtbild – alles sehr hochwertig und ansprechend. Unterm Strich bleibt für mich ein literarisch schön geschriebenes, aber inhaltlich schwer greifbares Buch, das mich leider nicht so berührt hat, wie ich es mir gewünscht hätte. Offene See reizt mich weiterhin – vielleicht irgendwann. Aber jetzt erstmal nicht.

zurück nach oben