Veit N
Ich hatte dieses Buch schon mehrfach in der Hand (auch ohne mir bewusst zu sein, dass es schon über 100 Jahre alt ist). Als freudiger Leser von Abenteuerliteratur ist es nur naheliegend es dann auch (nun im Wissen um sein Alter) nun auch mal zu lesen. Im Vorfeld erfuhr ich von seinem hohen Stellenwert in der Weltliteratur und das beeinflusst natürlich das Meinungsbild im Laufe des Lesens... Dennoch versuche ich mich an einer kurzen Rezension. Gemeint für diejenigen, die mit dem Gedanken spielen, sich auch ins "Herz der Finsternis" zu begeben: Das Buch wurde kürzlich neu übersetzt; dennoch bleibt der Sprachstil des vorletzten Jahrhunderts in gewisser Weise erhalten, was dem ein oder anderen das Lesevergnügen hier und da verleiden könnte. Dem Handlungsverlauf ist teilweise schwierig zu folgen. Aber: Die Vielschichtigkeit dieser Geschichte macht es zu mehr als einem historischen Abenteuerroman! Und das macht die Bedeutung dieser kurzen, aber großen Geschichte aus. Wer "nur" spannende Abenteuer lesen möchte ist hier sicherlich falsch. "Das Herz der Finsternis" sollte nicht im Vorbeigehen gelesen werden. In der ersten Hälfte des Buches habe ich mich sehr schwer getan. Man muss höllisch aufpassen, nichts zu verpassen (v.a. weil das Buch in nur drei Kapiteln aufgeteilt ist und auch fast ohne Absätze auskommt). Gerade im letzten Drittel jedoch floss das Lesen nur so vorbei (hat man sich dann an den Stil gewöhnt? oder ist die Zuspitzung der Ereignisse schuld?). Die Suche des Protagonisten Captain Marlow nach dem berüchtigten Mr. Kurtz konfrontiert ihn mit verschiedenen (namenlosen!) Vertretern des europäischen Kolonialismus sowie den von ihm betroffenen Ureinwohnern. Ein Hauptthema dieser Geschichte. Beschrieben aus der Sicht eines echten Zeitzeugen. Für mich ein besonderer Aspekt bei der Bewertung dieser Geschichte. Wir haben die Möglichkeit eine Sichtweise auf diese Geschehnisse aus erster Hand zu erfahren und zu bewahren. Wer einen stimulierenden, irritierenden, sprachgewaltigen und sehr vielschichtigen Abenteuerroman lesen möchte, der die Zeit, als es noch "weiße Flecken" auf Landkarten gab, nachzeichnet, und dabei über Fragen von Menschlichkeit, Zeitgeist und Wahn/Wirklichkeit nachdenken möchte, ist hier genau richtig! Soviel sei vorweg genommen: Das Ende ist nachvollziehbar und geht nicht in einem wirren Gedankenschwall unter! Das machte für mich sehr viel aus! Unter diesen Gesichtspunkten sind die von mir gegebenen 4 Sterne fast noch zu wenig... Aufgrund meines holprigen Starts konnte ich mich zu diesem letzten Stern aber ganz knapp nicht mehr durchringen. Aufgrund der Einzigartigkeit dieser Geschichte gibt es von mir aber eine dicke Leseempfehlung!