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marcello

Posted on 3.6.2025

Christina Lauren gehört für mich zu den Autoren, von denen ich mal gut etwas lesen kann, aber ich muss auch nicht alles gelesen haben, zumal das Autorinnenduo, das sich hinter dem Pseudonym verbirgt, ohnehin oft Standalones schreibt, was es noch einfacher bei dieser Praktik macht. Auf „The Paradise Problem“ hatte ich jetzt einfach Lust, weil es nach einer passenden Sommerlektüre klang. Ich habe „The Paradise Problem“ als Hörbuch gehabt. Da kann ich gleich gestehen, dass ich Sandra Voss für die Protagonistin Anna sehr passend fand. Aber umgekehrt war es manches Mal etwas irritierend, Anna dann aus Liams Sicht zu erleben, der von Jesse Grimm gesprochen wird. Dafür muss ich wohl etwas weiter ausholen. Denn der Anfang des Buchs setzt sehr auf extreme Gegensätze zwischen dem Paar. Liam hat alles im Griff, er ist wortgewandt, er weiß, was er will, er ist erfolgreich, er wirkt wie aus einem Bilderbuch. Anna dagegen lebt eher in den Tag hinein, sie ist impulsiv, sie lässt es auch gerne mal extrem entspannt angehen. Sie hat auch Ziele, aber sie sucht dennoch immer erst den Spaß statt den Ernst im Leben. Voss hat das für mich grandios eingefangen, weil sie ihren Kapiteln immer dieses Lässige mitgegeben hat. Aus Liams Sicht wirkte sie aber oft anders, da hat sie diese Seiten manchmal etwas verloren und wirkte eher seriöser. Aber vielleicht unterstreicht es letztlich auch, dass die Perspektive auf sich selbst nicht mit denen von anderen übereinstimmen kann und muss. Auch wenn ich manchmal also dachte, ist Anna echt Anna, aber die Stimmen waren toll und gerade weil „The Paradise Problem“ so viele humorvolle Seiten hat, kam das durch das Erzählen noch zusätzlich rüber. Die Unterschiede beim Paar hatten wir schon. Davon lebt die Erzählung natürlich enorm. Der Ausgangspunkt ist auch lustig und hat mich sehr an „Purple Clouds“ von Mounia Jayawanth erinnert. Liam und Anna sind nämlich verheiratet, weil es damals für beide ein passendes Arrangement war. Doch wirklich passiert ist zwischen ihnen nichts. Sie waren Mitbewohner, die aber völlig aneinander vorbeigelebt haben. Es war nach dem Anfangskapitel, wo Liam ‚West‘ auszieht, etwas seltsam, als es wieder eine Rolle rückwärts gab, denn der Auszug war extrem emotionslos. Aber gleichzeitig verstärkt das auch den Reiz, als die beiden sich dann tatsächlich wirklich kennenlernen müssen. Es war keine Liebe auf den ersten Blick zwischen ihnen, aber Liebe auf den zweiten Blick muss keinesfalls schlechter sein und das hat für mich die Geschichte gut bewiesen. Ich finde auch, dass das ganze Setting der exquisiten Hochzeit, zu der sie gemeinsam reisen, und was sich dann über Liams verrückte abgehobene Familie ergibt, echt genial war. Ich konnte es mir auch sofort als Verfilmung vorstellen, weil da so viele Elemente waren, die für mich zum Hören funktioniert haben, die aber vor allem verfilmt richtig Freude bereiten können. Das war für mich auch das Positivste am Buch, durch den Humor und die stetigen Handlungshöhepunkte gab es ständige Unterhaltung. Ich bin regelrecht hindurchgeflogen. Das Schöne ist auch, dass die Unterschiede zwischen Anna und Liam sich immer mehr auflösen. Der Handlungsverlauf zeigt uns, dass die beiden sehr viel mehr gemeinsam haben, als man anfangs gedacht hätte. Ich fand auch, dass sie beide sichtbar bessere Seite bei sich hervorgerufen haben. Liam ist durch Anna entspannter geworden, gleichzeitig hat er sich mit ihr im Rücken leichter tun können, seine Perspektive auf die Welt noch zu verstärken. Anna umgekehrt hat nicht mehr nur ihren Vater, der ihr so wichtig ist, sondern sie hat noch jemanden, für den sie motiviert ist, kein Klischee von sich selbst zu sein, sondern sie hat eine Mission, bei der sie Spaß haben kann, bei der sie aber auch für Liam über sich hinauswächst. Gleichzeitig ist sie aber auch mutig genug, sich von den Westons nicht einschüchtern zu lassen. Abgesehen von den beiden gibt es doch einige sehr suspekte Gestalten in der Geschichte, das musste aber. Ich fand es nur bei Jake etwas schade, denn Liams Bruder, und Annas Kumpel, ich hätte ihn mir mit etwas mehr Rückgrat gewünscht. Aber die meisten anderen müssen eher Ekel sein, damit das alles funktioniert. Zwar war in dem ganzen finanziellen Arrangement alles etwas sehr künstlich zurechtgebogen, aber es hat für mich inhaltlich diesen Schwerpunkt auf Reichtum zugelassen. Ich habe mich dadurch emotional sehr an Anna gebunden, weil sie vieles gedacht und ausgesprochen hat, wie es mir auch ergeht. Insgesamt passte aber das Allermeiste sehr gut ineinander. Die Geschichte hätte wahrscheinlich sogar noch etwas andauern können, ohne dass ich da große Kritik empfunden hätte. Das ist ein großes Kompliment. Fazit: „The Paradise Problem“ ist ähnlich wie „Summer in the City“ von Alex Aster eine überzeugende Sommerlektüre. Christina Lauren hat ihr eine durchgängige Unterhaltung geschaffen, die lustig, spannend, charakterlich gut ausgearbeitet und anziehend gestaltet ist. Die Unterhaltung würde wohl außerhalb der heißen Zeit des Jahres passen, aber es hat einfach ein besonderes Feeling von Sommerlektüre.

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