
mabuerele
„...Je mehr wir über das Universum lernen, desto faszinierender wird es. Und je weiter wir in die Tiefen des Alls vordringen, desto klarer wird: Wir haben gerade erst angefangen zu verstehen, was da draußen alles auf uns wartet...“ Der Autor beginnt mit einer kurzen Geschichte der Astronomie. Daraus stammt auch das obige Zitat. Bis zu dem Moment habe ich noch die Illusion gehabt, ein spannendes Sachbuch zu lesen. Das aber hat sich schon im nächsten Abschnitt grundlegend geändert. Was der Autor mir bietet, sind Fakten über den momentanen Stand der Wissenschaft und einen Science – Fictionroman, der nicht nur an einer Stelle Anleihen bei Raumschiff Enterprise genommen hat. Der Autor legt dar, wie seiner Meinung nach die Entwicklung in 50, 100, 200, 400 , 800 und 1000 Jahren vonstatten gehen könnt Jeder Abschnitt ist ähnlich aufgebaut. Zuerst geht es in der Erdgeschichte den entsprechenden Zeitraum zurück. Dann folgt der allgemeine Blick in die Zukunft, der nochmals in drei Zeitabschnitte untergliedert wird und dafür konkretisiert wird. Dabei wird am Ende die Entwicklung auf der Erde in den Blick genommen.. Laut Autor haben wir in 50 Jahren Kolonien auf Mond und Mars. Das ist ja noch vorstellbar, wenn auch überaus ambitioniert. Offen bleibt allerdings, wer dazu in der Lage ist und wer davon profitiert. Dass mit der Erforschung des Weltraums die Probleme auf der Erde gelöst werden, wage ich stark zu bezweifeln. In 100 Jahren bevölkern wir dann die Eismonde. Der Mensch macht das, was er am besten kann. Alles, was er erobert hat, beutet er aus. Spätestens hier hat mich der Autor verloren. Gesetze der Physik scheinen nicht zu gelten. Zwar wird das Thema der Ethik kurz gestreift, doch sozialpolitische und gesellschaftspolitische Folgen werden gekonnt ausgeblendet. Wie schreibt der Autor? „...Wer braucht schon hässliche Gruben, wenn man einen ganzen Asteroiden ausschlachten kann?...“ Natürlich hat jeder Autor das Recht, seiner Phantasie freien Raum zu lassen. Von einem Sachbuch aber erwarte ich, dass Darlegungen und Zusammenhänge wissenschaftlich fundiert sind. Das gilt weder für die Kryonik, noch für den Warp-Antrieb. Hinzu kommt der sinnfreie Umgang mit dem Begriff Raumzeit. Dass auch kleine Eingriffe in das fragile Kräftegleichgewicht des Weltraums unerwartete Wirkungen zeigen können, wird erfolgreich ausgeblendet. Ein fiktives Handbuch für die Zukunft gibt folgenden Ratschlag: „...Vergessen Sie nicht, das KI-Bordsystem regelmäßig zu loben – schließlich kontrolliert es die Schwerkraft...“ Hier wird der lockerer Schriftstil und ein ganz eigener Humor deutlich. An vielen Stellen habe ich mir die Frage gestellt, ob die KI vermenschlicht oder der Mensch zu KI wird. Im letzten abschnitt wird diese Frage beantwortet. Ein weiteres Zitat zeigt, wie weit die Ausführungen von der Realität entfernt sind. „...Wissen wird nicht mehr gelernt, sondern direkt ins Gehirn geladen. In Sekundenschnelle erlernen Menschen Fremdsprachen oder lösen komplexe mathematische Gleichungen...“ Das menschliche Gehirn ist keine Computerfestplatte. Lernprozesse sind komplex. Und das soll sich in 100 Jahren ändern? Positiv bleiben von dem Buch die Fotos vom Weltraum und die sachlichen Informationen über den momentanen Wissensstand in Erinnerung. Der Blick in die Zukunft wirkt auf mich eher erschreckend. Dazu gehört auch das Bild von der Evolution des Menschen. Was sich über Millionen Jahre entwickelt hat, wird in tausend Jahren über Bord geworfen. Schade! Ich hatte etwas völlig anderes erwartet.