
derduftvonbuechernundkaffee
Inhalt: So oft es möglich ist, nutzt Aurora die Chance und klettert gemeinsam mit ihrem Freund Tristan hinauf auf die Antennen der höchsten Gebäude von Silvercity. Die Aussicht über die Stadt, die aus abertausenden von Plattformen besteht, ist atemberaubend. Der Nervenkitzel in dieser Höhe ist besonders. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum es Aurora immer wieder an diesen Ort zieht. Der wahre Grund ist das Licht, das in zarten Partikeln durch die Luft wirbelt und in dieser Höhe so unglaublich hell erscheint. Aurora und Tristan arbeiten für Salvius, der eine geheime Widerstandsgruppe namens Luxon anführt. Mithilfe ihrer Erfindung – kleinen Kugeln namens Pearls, die Licht speichern können – gelingt es Aurora, lebensspendendes Licht einzufangen. Umso näher man den Göttern kommt, die im höchsten Turm von Silvercity wohnen, umso heller leuchtet es. Dieses göttliche Licht ist es, das die Menschen so dringend benötigen. Es schenkt ihnen Wohlstand und ist auch in der Lage zu heilen. Aurora gibt sich noch immer die Schuld am Unfall ihres Bruders Varian, der in ein Koma fiel, als er ihr nacheifern wollte. Mit dem eingefangenen Licht versucht sie nun verzweifelt, sein Leben zu verlängern. Doch das Einfangen des göttlichen Lichts ist riskant. Die Sentinels – erbarmungslose Diener der Götter – machen Jagd auf Sammler. Auch Luxon verfolgt durchaus materielle eigene Interessen. Auf einer ihrer Missionen wird Aurora Zeugin eines grausamen Moments: Ein Sentinel erscheint, doch nicht, wie zunächst befürchtet, wegen ihr – er ist auf der Suche nach einem potenziellen Valet, einem menschlichen Diener der Götter. Der Junge, den sie auswählen, entscheidet sich lieber für den Freitod, als sein Schicksal anzunehmen – ein Schicksal, das Aurora bald selbst ereilt. Valets sind Besitz der Götter. Nach einer Bindung gibt es für sie kein Zurück mehr. Sie werden zu Gespielen, zu Dienern – ihr Leben, ihre Freiheit, ihre Stimme verlieren sie an die Launen eines unsterblichen Wesens. Stirbt das Interesse, endet auch ihr Leben. Als Aurora an diesem Tag nach Hause zurückkehrt, ist sie erschöpft, aber erleichtert: Das eingefangene Licht wird ihren Bruder eine Weile am Leben halten. Doch dort erwartet sie die nächste Katastrophe. Ein Einbrecher sucht in ihrem Haus nach etwas – Aurora vermutet die Lichtperlen, doch soll die Tat schon bald eine andere Deutung erfahren. Und dann bricht auch noch die Ordnung ein: Sentinels stürmen das Haus. Sie sind wegen Aurora dort. Die Götter haben sie auserwählt ... Meinung: Anna Benning konnte mich bereits mit ihren Reihen „Vortex“ und „Dark Sigils“ begeistern. Mit „To Tempt a God“ beweist sie erneut, dass sie zu den stärksten Stimmen der deutschsprachigen Fantasy gehört. Die Autorin entführt ihre LeserInnen schon auf den ersten Seiten in eine fesselnd konstruierte Zukunftsvision: Die Welt, wie wir sie kennen, ist vergangen. Die Götter leben nun unter den Menschen – in Silvercity, einer Stadt aus Plattformen, umgeben vom "grauen Gürtel", in dem nur noch Streulicht existiert. Je näher man den Göttern kommt, desto heller und wohlhabender wird das Leben. Doch was hell aussieht, wird sich schnell als trügerisch entlarven. Valets – Menschen, die in einer grausamer Versteigerung den Göttern zugeordnet werden – verlieren alles. Stimme, Rechte, Freiheit. Die Sentinels holen sie, wenn ihre Zeit gekommen ist. Die Vorstellung eines Lebens, in dem man nicht mehr selbstbestimmt handeln kann, sondern von der Gunst und dem Verständnis eines Gottes abhängig ist, ist zwiespältig. Benning gelingt es mühelos, eine vielschichtige, durchdachte Welt zu erschaffen, in der jede Figur – ob Mensch oder Gott – eine gute, nachvollziehbare Motivation zugestanden bekommt. Die Spannung ist konstant hoch, überraschende Wendungen halten die Geschichte lebendig. Besonders Aurora als Protagonistin überzeugt: mutig, verletzlich, entschlossen – aber eben auch nur ein Mensch im Angesicht allmächtiger Wesen. Das Spiel mit Macht, Moral und Menschlichkeit wird auf eindrucksvolle Weise erzählt. Gleichzeitig fehlt es nicht an Romantik, Herz und tiefen Gefühlen. Die Autorin versteht es meisterhaft, große Themen wie Rebellion, Schuld, Opferbereitschaft und Loyalität mit einem mitreißenden Plot zu verweben. Und wie es sich für einen gelungenen Auftakt gehört, endet das Buch mit einem gemeinen Cliffhanger, der das Warten auf die Fortsetzung zur Qual macht. Fazit: Mit „To Tempt a God“ beweist Anna Benning einmal mehr, dass ihr Werk zum Besten gehört, was in diesem Genre zu finden ist. Ihre neue Reihe entführt in eine faszinierende, düstere Welt voller göttlicher Willkür, gefährlicher Missionen, Verrat und verbotener Hoffnung. Ein Muss für alle Fans von düsterer Romantasy, starken Heldinnen und originellen Weltenentwürfen. Spannung, Herzklopfen und Gänsehaut garantiert.