
marcello
Elsie Silver ist relativ gesehen immer noch eine Neuentdeckung für den deutschen Buchmarkt, weswegen die Erscheinungen der Originalausgaben mit den Übersetzungen auch teilweise etwas weiter auseinanderliegen. Dementsprechend habe ich nicht mitbekommen, ob dieser fünfte Teil überhaupt geplant war, aber angesichts von allen Kommentierungen von Silver gehe ich schwer davon aus, dass sie Beaus Geschichte nicht direkt auf dem Schirm hatte. Zum Glück haben wir sie mit „Hopeless“ jetzt aber. Auch wenn alle Eaton-Brüder ihre eigene Geschichte mit Tiefen haben, aber Beau als mittlerer Bruder ist sicherlich derjenige, der ein richtiges Trauma hinter sich hat. Seine Einsätze für die Armee haben die anderen Bände immer begleitet und wir haben immer schon Anteil an seinem Schicksal genommen. Dementsprechend war es ein spannender Gedanke, in seinen Kopf blicken zu können. Ich denke zwar, dass man Stichwort PTBS noch etwas mehr hätte rausholen können, aber sowohl seine Schlafprobleme als auch seine verbrannten Füße mit transplantierter Haut sind sehr gute Ansätze, um das Bild eines unsteten Mannes, der nach dem Kriegsgeschehen seinen Sinn im Leben noch nicht gefunden hat, zu zeichnen. Umgekehrt haben wir dann ergänzend Bailey, die ebenfalls schon Auftritte hatte, aber sie war tatsächlich eher eine Randerscheinung, sodass wir mit ihr doch eigentlich eine ganz neue Figur kennenlernen. Und das war großartig. Mir gefallen die Frauen bei Silver eigentlich alle immer gut, weil sie alle einen sehr eigenwilligen Kopf haben und für etwas einstehen, woran sie glauben (am liebsten für sich selbst). Bailey kommt aus ganz schwierigen Familienverhältnissen und ihr Nachname ist so mit Vorurteilen behaftet, dass niemand die echte Bailey kennt. Es war schon extrem lustig, aber auch bewundernswert, welche Schlagfertigkeit, welche Unverblümtheit und letztlich auch Mut sie hat. Ich mochte sie echt sehr. Ich habe ja auch schon mehrfach zugegeben, dass ich mit Silvers Beschreibungen von intimen Szenen schon mal etwas hadere, aber hier in „Hopeless“ hat es mir einfach auch gefallen, dass die Annäherung aneinander so wunderbar gelungen ist. Der physische Teil wurde erst spät bedeutend und das verrät mir immer wieder, dass Silver auch an einer emotionalen Bindung interessiert ist, die alles weitere erst richtig intensiv macht. Bei Beau und Bailey haben wir einen größeren Altersunterschied und dementsprechend auch sehr unterschiedliche Erfahrungen. Das wird behutsam beleuchtet, auch weil ich bei Beau immer gemerkt habe, welchen Respekt er vor ihr hat. Obwohl das Fake Verlobtsein sich schnell dadurch auszeichnet, dass sie sich körperlich und emotional näherkommen, aber es gibt immer eine Grenze, die Beau bewahren will. Auch wenn es Bailey zwischendurch verrückt macht und frustriert, aber es ist dennoch eigentlich die Eigenschaft, die ihn am Ende so wertvoll für sie als Partner macht. Denn er wird sie immer priorisieren und aufgrund seiner Erfahrungen auch Möglichkeiten für sie sehen, die sie noch gar nicht erahnen kann. So hilfreich Beau für Baileys Entwicklung ist, so gilt das aber auch anders herum. Sie lernt seine wahren Gefühle zu allem kennen und sie ermuntert ihn zu ergründen, wer er sein will. „Hopeless“ hat mich echt durchgängig wieder unterhalten. Denn Beau und Bailey funktionieren perfekt, aber auch die anderen Paare sowie die Familie der Eatons sind wieder überzeugend eingebunden worden. Die Ansätze zu Beau und Winter wurden toll aufgegriffen, Bailey wird eingebunden in die Frauenwelt, die Freundschaft zwischen Beau und Jasper. So viel Cooles war wieder da und es hat sich alles organisch eingefühlt. Silver hat echt ein Händchen dafür, ihre Paare und sonstige Figuren in einen Kontext zu bringen. „Hopeless“ war jetzt wohl wirklich der Abschluss und das ist okay, denn alle haben ihr Happy End. Wir haben sehr unterschiedliche Geschichten bekommen und die allermeisten haben mich richtig mitgerissen. Auch wenn ich die intimen Szenen wohl niemals vollends feiern werde, aber Silver bittet drum herum so viel an, dass es dann fast schon wieder egal ist. Fazit: „Hopeless“ ist wohl nun das Ende der Chestnut Springs-Reihe und es gab nochmal ein echtes Ausrufezeichen. Beaus Geschichte hat alles rund gemacht und Bailey war eine geniale Ergänzung, weil sie fast meine liebste Frauenfigur ist. Es geht viel um Selbstfindung, zu überwindendes Trauma, um Respekt und so viel mehr. Silver hat mit der Reihe nicht zuletzt so viele Leser international für sich gewonnen.