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Buchdoktor

Posted on 11.5.2025

Marianne Browns Mutter Margaret war eine besondere Person. Sie liebte das Leben auf dem Land, ihren Garten und hat sich ihrer Tochter unauslöschlich eingeprägt durch Kinderverse und Geschichten, die sie Marianne vermittelte. Als Margaret kurz nach der Geburt des kleinen Joe verschwindet und nur einen Fußabdruck im Flussschlamm hinterlässt, bricht die leidlich geordnete Welt der Icherzählerin zusammen. Für Marianne bleibt es jahrelang unvorstellbar, dass ihre Mutter sie und Baby Joe allein gelassen hätte, ohne für ihre Kinder vorzusorgen und ohne selbst etwas mitzunehmen. Vater Edward meistert zwar mit Hilfe der vertrauten Mrs. Wynne klaglos den Alltag als berufstätiger alleinerziehender Vater. Marianne allerdings macht ihm das Leben so schwer wie möglich mit erfundenen und realen Beschwerden, um Aufmerksamkeit zu erhalten und sich vor dem Schulbesuch zu drücken. Erst als Icherzählerin Marianne bereits selbst eine Tochter hat und sich in Therapie befindet, stellt sie anlässlich der alljährlichen Kirmes in ihrem Heimatdorf rückblickend die richtigen Fragen. Warum verhinderte ihre Mutter Mariannes Schulbesuch, was hat es mit der Legende von der Frau auf sich, die sich im Fluss ertränkte, wer ist Jonathan und warum ist es wichtig, ob es in Margarets Familie Fälle von postpartaler Depression und Schwangerschaftspsychose gegeben hat? Fazit Es hat lange gedauert, bis ich die vielen Fäden in „Perlen“ miteinander verknüpfen konnte. Es handelt sich beim Originaltitel „Pearl“ des Romans vermutlich um den Titel des anonym verfassten Gedichts aus dem 14. Jahrhundert, das zum Fundus von Margaret Browns Kinderversen und -Geschichten gehörte, den sie Marianne mitgab und der - neben dem realen Haus mit Garten - schließlich Schlüssel zu ihrer komplizierten Familiengeschichte sein wird. Das „löcherige“ Cover, das nur beschränkten Blick auf mögliche Romanfiguren zulässt, finde ich treffend gewählt für den feinfühligen Roman um Trauer, eine erschöpfte junge Mutter, deren verlassene Familie und unerkannte Depressionen vor einer Kulisse aus magischem Denken und englischen Kinderversen, die jedes Kapitel einleiten.

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