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rapunzelxxl

Posted on 9.5.2025

Ein stilles Meisterwerk Ich habe dieses Buch in einem Rutsch gelesen – und dann gleich noch einmal, diesmal gemeinsam mit meiner Tochter. "Wie ein Foto unser Leben rettete" ist eines jener Bücher, die im besten Sinne „leise“ sind – und gerade deshalb so tief berühren. Die Geschichte basiert auf der wahren Flucht der jüdischen Familie Mandil aus dem ehemaligen Jugoslawien während des Zweiten Weltkriegs. Erzählt wird sie aus der Perspektive des kleinen Gavra, der mit fünf Jahren zu jung ist, um alles zu verstehen – und doch alt genug, um Angst, Verlust, Hoffnung und Mut zu spüren. Was mich besonders bewegt hat, ist die kindgerechte, klare Sprache, die nichts beschönigt, aber auch nicht überfordert. Man spürt die Unsicherheit der Eltern, die Bedrohung durch die Nazis – und doch bleibt immer ein Funke Hoffnung. Diese Hoffnung ist auch in den Illustrationen von Isabel Kreitz zu sehen: zart, schwarz-weiß, fast nostalgisch und doch sehr ausdrucksstark. Besonders die Originalfotos der Familie geben der Geschichte zusätzliche Tiefe. Man blickt echten Menschen ins Gesicht. Menschen, die das alles wirklich erlebt haben. Ein zentrales Motiv des Buches – wie der Titel schon sagt – ist ein Foto, das der Vater als Fotograf aufgenommen hat. Es wird zum Schlüssel für das Überleben, zur Erinnerung, zur Brücke zwischen den Kulturen. Gerade dieser Aspekt hat mich als Erwachsene sehr nachdenklich gemacht: wie Bilder Erinnerungen konservieren und Menschen verbinden können, auch in dunklen Zeiten. Besonders beeindruckend fand ich, dass hier ein kaum bekanntes Kapitel erzählt wird: die Rolle Albaniens, eines muslimisch geprägten Landes, in dem jüdische Familien Schutz fanden. Der albanische Ehrenkodex, der bedingungslose Gastfreundschaft fordert, hat mich tief beeindruckt. Wie viel könnten wir heute noch davon lernen. Dieses Buch eignet sich meiner Meinung nach hervorragend zum gemeinsamen Lesen mit Kindern ab etwa sieben Jahren – nicht nur, um historische Zusammenhänge kindgerecht zu vermitteln, sondern um über Menschlichkeit, Zivilcourage und Mitgefühl zu sprechen. Es ist ein starkes, ehrliches und sehr einfühlsames Werk, das lange nachwirkt. Für mich persönlich ist es eine Erinnerung daran, dass Geschichten aus der Vergangenheit das Potenzial haben, unsere Gegenwart zu verändern – wenn wir bereit sind hinzuschauen. Ein stilles Meisterwerk. Und ein Buch, das ich jeder Familie ans Herz legen möchte.

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