
Ceciliasophie
Ich bin sowas von bereit für gute Hexengeschichten und finde es so schön, dass diese langsam mehr und mehr den Fantasy/Romantasy-Bereich erobern. Vampire und Fae gab es in den letzten Jahren wirklich genug. Und dann auch noch Hexe versus Hexenjäger! Es gibt die leider inzwischen sehr typischen Schwächen aus dem Romantasy-Genre auch hier: kaum vorhandenes Worldbuilding, sehr farblose Nebencharaktere und teils echt kopflose Entscheidungen. Aber es wird auch vieles richtig gemacht. Das künstliche Drama hält sich echt in Grenzen und vor allem die Zerrissenheit, Zweifel und Gefühle von beiden sind wirklich zu spüren. Rune als Protagonistin fand ich phasenweise wirklich toll. Ich mochte ihre Art, die Einblicke in ihre Gefühlswelt, die Mischung aus Schuld, Trauer und irgendwo auch Hoffnung. Aber Himmel, manchmal war sie echt unheimlich naiv und gedankenlos. Gideon fand ich in Ordnung. Seine Hintergrundgeschichte fand ich gut ausgebaut, dadurch rutschte er nicht gleich in dieselbe Schublade wie alle anderen, austauschbaren männlichen Protagonisten in Romantasy-Büchern. Ich hoffe, dass es dabei auch im zweiten Band bleiben wird. Aber auch hier waren ein paar Situationen dabei, die man einfach hätte lösen können, wenn mal miteinander gesprochen werden würde. Ernsthaft, was ist das nur immer mit der fehlenden Kommunikation? Und hier meine ich noch nicht mal die zwischen weiblichem und männlichem Hauptcharakter, sondern zwischen den Geschwistern. Aber die Beziehung zwischen Gideon und Rune fand ich echt gut geschrieben, vor allem, da das Buch in wechselnder Perspektive geschrieben wurde und man so als Leser:in tiefe Einblicke in die Gedanken von beiden bekam. Was mir aber für ein wirklich rundes Buch fehlte, waren echte Situationen in denen Runes großes Geheimnis mal präsenter ist. An sich war es viel zu viel Telling und kaum Showing. Es wurde immer nur über vergangene Rettungsaktionen gesprochen, für den Plot aber ein für mich nicht triftiger Grund genutzt, damit nicht mehr solcher Aktionen geschrieben werden mussten. Das Verhalten von Rune und ihren Freunden passt einfach überhaupt nicht zu dem von ihr gezeichneten Bild. Für die Hexenjäger ist sie DAS große Mysterium, der es auf wundersame Weise seit Jahren gelingt ihnen zu entkommen. Der rote Nachtfalter wird so als professionell und präzise agierende Figur aufgebaut. Rune hingegen ist unglaublich stümperhaft, naiv, ohne nennenswerte Raffinesse. Die Diskrepanz wäre ja ganz cool, sozusagen im Stile kleines Individuum gegen großes System, aber leider fehlt die Verknüpfung. Es wird nicht richtig damit gespielt, dass Rune genau dies weiß und nutzt. Dafür war sie einfach viel zu sehr von sich selber überzeugt. Viele Worte für einen kleinen Teilaspekt, der störte mich aber im gesamten Verlauf des Buches sehr. Weniger klein war dabei der doch sehr vorhersehbare Plot. Bereits nach kurzer Zeit wusste ich, wie das Buch ausgehen wird und die große Enthüllung war schon Meilen im Voraus klar. Schade, echte Plottwists und Überraschungen wären mal wieder schön.