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sursulapitschi

Posted on 5.5.2025

Eher oberflächliche Gesellschaftsanalyse in schönem Erzählstil Für dieses Buch wurde Alan Murrin ausgezeichnet als »Newcomer of the Year« bei den Irish Book Awards 2024, das lässt aufmerken, genau wie all die begeisterten Rezensionen zu diesem Buch. Meins war es leider nicht so. Hier weiß man lange kaum worum es eigentlich geht. In einer irischen Kleinstadt in den 90ern leben verschiedene unglückliche Frauen, die man gründlich vorgestellt bekommt. Dolores Mullen ist schon wieder schwanger, dabei sieht sich ihr Mann lieber in der Nachbarschaft um. Izzy Keaveney möchte den Blumenladen zurückbekommen, dessen Pachtvertrag ihr Mann über ihren Kopf hinweg gekündigt hat. Und Colette Crowley ist der Skandal der Saison. Sie hatte ihre Familie für eine Affaire verlassen und ist zurückgekommen. Colette ist Schriftstellerin, Künstlerpack mit Allüren, das kennt man ja, die Gerüchteküche brodelt. Warum trifft sich eigentlich Izzy dauernd mit dem Pfarrer? Man bekommt ein ausführliches Wer-mit-wem-und-warum erzählt, das grundsätzlich schön erzählt ist und den Mief der 90er mit irisch-katholischer Borniertheit plastisch demonstriert. Leider bleiben die Figuren dabei blass und schaffen es kaum, ihr Klischee zu verlassen. Von Izzy wird zum Beispiel öfter mal gesagt, sie wäre witzig. Sie macht allerdings im ganzen Buch keine einzige witzige Bemerkung. Man muss es als gegeben hinnehmen und erlebt es nicht mit. Die Kinder pubertieren und machen Kinderprobleme, die Männer sind ignorant, wie Männer eben sind, Colette weiß, dass Alkohol keine Lösung ist und trinkt trotzdem. Mich hat das alles eher gelangweilt. Im letzten Teil eskalieren die Dinge dann, plötzlich und unerwartet. Es gibt eine schockierende Überraschung, die alle aufwachen lässt, sogar die Leser. Und Izzy verkündet salbungsvoll die Moral von der Geschicht: Achte, was du hast und halt den Mund, wenn dich etwas aufregt, dann lebst du glücklicher. Echt? Ist das das Geheimnis glücklicher Ehen? Dieses Buch wirft einige Themen auf, geht aber längst nicht so tief wie es könnte. Der schöne Erzählstil macht es ein klein wenig besonders. Einen Preis würde es von mir nicht bekommen.

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