
mabuerele
„...Aber es gibt ein Bild von mir auf einem weißen Frotteehandtuch. Ich bin nass und voller Käseschmiere, und auf meinem Bauch liegt eine große Hand...“ Das Buch beginnt mit einer ungewöhnlichen Geburt. Nur um Haaresbreite hat die Gebärende das Krankenhaus erreicht – auf dem Rücksitz eines Motorrades. Dann geht die Geschichte fünf Monate zurück. Die Autorin hat einen berührenden Roman geschrieben. Obwohl eine Menge passiert, ist es letztendlich die Suche zweier Frauen nach sich selbst. Der Schriftstil ist fein ausgearbeitet. Er sorgt für die latente innere Spannung. Atlanta ist Wissenschaftlerin. Ihre Welt ist die Welt der Zahlen und der Logik. Doch trotz Pille ist sie nun schwanger. „...Bis vor Kurzem hatte Atlanta sich nicht einmal vorstellen können, überhaupt schwanger zu werden. Ein Kind, das war ein Gleichungssystem mit zu vielen Unbekannten...“ Auf dem Bahnsteig erwartet sie die Ankunft von Malte. Sie hofft auf einen Heiratsantrag. Doch stattdessen erscheint die Polizei und teilt ihr mit, dass Malte tot in seiner Wohnung aufgefunden wurde. Für Atlanta bricht eine Welt zusammen. Wieso hat sich Malte umgebracht, der vor Lebensfreude nur so strotzte? Enza ist Radhändlerin. Als junges Mädchen hat sie den Tod ihres Vaters erlebt. Der hat sie geprägt. . „...In einer Welt, in der ein italienischer Mann morgens in einem Park verprügelt wurde, da brauchte man kein Französisch, keine Glücksbotenstoffe und erst recht kein weiterführendes Gymnasium, sondern einfach nur [...] kräftige Muskeln, um sich wehren zu können...“ Enza hat eine besondere Bindung zu ihre Mutter, hält sie aber sonst von allen Beziehungen fern. Als sie von der Krankheit der Mutter erfährt, will sie bei ihr einziehen. Die aber wünscht sich, dass Enza zuvor nach Italien fährt, um die Verwandtschaft ihres Vaters kennenzulernen. Atlanta kommt gerade von der Frauenärztin, die ihr mitgeteilt hat, dass es für einen Abbruch zu spät ist, als sie mit Enza und ihrem Rad zusammenstößt. Beide Frauen begeben sich kurz darauf auf ihre gemeinsame Reise. Enza möchte ihre Verwandten treffen, Atlanta hat in einem Notizbuch von Malte vier Adressen entdeckt und hofft auf Informationen, die seinen Selbstmord erklären. Deutlich wird, dass sich die Frauen in einer Ausnahmesituation befinden. Ihr Handeln lässt sich häufig nicht logisch erklären. Die Reise sollte man als Leser auf sich wirken lassen. Sie lässt einen tief eindringen in die Psyche der Protagonisten und manchmal auch den Kopf schütteln. Mit jeder Station kommt es zu Veränderungen. Immer wieder aber erscheint dass Bild von Malte als das eines jungen Mannes voller Lebenshunger, Ausgeglichenheit und fast ohne Fehler. Das Buch endet mit den Worten der Tochter: „...Und einen furiosen Schrei später tauchte ich ein in das kühle Wasser des Leben. Ich wurde getragen...“ Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Kurz vor Schluss gibt es für Maltes Leben und Tod eine logisch schlüssige Erklärung.