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„Hartes unmenschliches Schuften, stumpfe Plackerei und körperliche Arbeit, immer und immer wieder, bis zum letzten Atemzug, und das ohne Sinn. Nur aus Rache eines Volkes an einem anderen Volk. Zur Strafe für etwas, was wir nie getan hatten. Als Wiedergutmachung für unvorstellbares Leid, das größenwahnsinnige Politiker angerichtet hatten. Und das wir ausbaden mussten.“ Dieses Buch hat Hera Lind nach einer wahren Geschichte geschrieben. Lydia erzählt darin von ihrer Familie, die viele, viele Jahre unvorstellbares Leid ertragen mussten und sich dennoch niemals haben unterkriegen lassen. Geboren wurde Lydia 1927 und sie war erst 16, als sie 1944 mit ihrer Mutter und vier Geschwistern nach Sibirien verschleppt wurde, nachdem sie aus der Ukraine geflohen waren, es bis nach Deutschland geschafft hatten, aber dann zurückgeholt wurden. Es ist nahezu ungeheuerlich, was die Menschen durchgemacht haben, nachdem man ihnen ihre Heimat genommen hatte. So detailliert wie diese Geschichte von Lydia habe ich nichts ähnliches gelesen. Allein der Gedanke daran, dass sie und ihre Familie in Sibirien bei minus 50 Grad und nur spärlich bekleidet zwölf Jahre lang schwer geschuftet und trotzdem durchgehalten haben, zeigt ihren unfassbar starken Willen. Ihr tiefer christlicher Glaube und ihr Motto „Unbedingt zusammenbleiben! Einer für alle, alle für einen!“ haben Kräfte vor allem in Lydia freigesetzt, die fast unglaublich klingen. Das Leben war Zwangsarbeit, fehlende Hygiene, Krankheiten, große Armut und meistens nur eine Handvoll Essen für die ganze Familie. Die einzigen Lichtblicke waren die wenigen Menschen, die sich ihnen gegenüber menschlich benommen haben und dabei für sich selbst manchmal einiges riskiert haben. Man muss die Geschichte gelesen haben, und selbst dann ist es kaum zu glauben, was die Menschen in der damaligen Zeit durchmachen mussten. Lydia und ihre Familie sind da nur ein Beispiel von vielen. Das Zitat am Anfang meiner Rezension habe ich herausgeschrieben, weil es auch heute wieder (oder immer noch) so aktuell ist. Ich kann nur hoffen, dass die Machthaber dieser Welt sich Gedanken machen darüber, was angerichtet wird bei den Versuchen, sich selbst groß und größer zu machen – und ob dieser Aufwand nicht vollkommen unnötig ist. Vielen Dank Hera Lind und vor allem der Familie Judt und ihren Nachkommen dafür, dass diese Geschichte erzählt und gehört wird - und unvergessen bleibt. Ihr alle habt den Himmel verdient!